HomeMethoden & WissenChange-Management-MethodenMethodenwahl: Das richtige Instrument zur richtigen Zeit
Im Grunde ist es Unfug, in Change-Prozessen ein Feuerwerk unterschiedlichster Kommunikationsmethoden und -instrumente abzubrennen – auch wenn dies zuweilen erwartet wird oder die Change Manager sich diesen Druck selbst machen. Schließlich besteht ihr Auftrag nicht in einer möglichst spektakulären Demonstration ihres Methodenrepertoires, sondern im Erreichen der aktuellen Veränderungsziele. Dafür aber ist in erster Linie wichtig, dass die gewählten Methoden erstens die erforderlichen Botschaften wirksam transportieren und dass sie zweitens das momentane Klima aufgreifen und in die richtige Richtung bewegen.

Methoden sind kein Selbstzweck

Sorgfalt wichtiger als Repertoire

Mit anderen Worten, die Methodenwahl muss sich primär an den aktuellen Kommunikationszielen orientieren, in zweiter Linie an der jeweiligen Unternehmenskultur und erst ganz zuletzt an der Spielfreude, der Experimentierbereitschaft oder dem Eigen-Marketing der Change Manager. Deshalb ist die Frage nach der Breite des eigenen Methodenrepertoires auch sehr viel weniger wichtig als sie oft gehandelt wird. Entsprechend überflüssig ist auch das schlechte Gewissen, mit der einen oder anderen “neuesten Methode” nicht vertraut zu sein. Um ein guter Change Manager zu sein, müssen Sie kein “Doktor Allwissend” in Sachen Methoden sein; es genügt völlig, für jedes wichtige Kommunikationsziel zwei oder drei geeignete Methoden im Köcher zu haben. Viel wichtiger als Ihre Repertoirebreite ist die Fähigkeit, die aktuelle Situation und den derzeitigen Kommunikationsbedarf treffsicher einzuschätzen. Denn das ist die Voraussetzung dafür, die Kommunikationsziele zu bestimmen und die richtigen Kommunikationsmethoden auszuwählen.

Erst die Ziele, dann die Methode(n)

Das Kommunikationsziel bestimmt die Methoden, und nicht umgekehrt. Wer zu sehr von den Methoden her denkt, verschlechtert damit die Qualität seiner Kommunikation mehr als dass er sie verbessert. Zuerst die Methode festzulegen und dann die dafür passenden Inhalte und Ziele zu suchen, ist exakt der falsche Weg. Zugegeben, das klingt ziemlich offensichtlich – die einzige Rechtfertigung, es trotzdem zu erwähnen, ist, dass diese widersinnige Abfolge in der Praxis gar nicht so selten ist: “Wir haben übernächsten Monat eine zweitägige Führungskräfte-Tagung und müssen dafür dringend das Programm rausschicken. Was könnten wir denn da machen?” Oder: “Nächste Woche ist Redaktionsschluss der Werkszeitung. Der Chef will unbedingt, dass darin ein Artikel über unser Projekt steht; was sollen wir denn da schreiben?” Oder, besonders modern und innovativ: “Wir wollen mal eine Großgruppenkonferenz machen; welche Inhalte würden Sie uns da vorschlagen?”

Unterschiedliche Methoden für unterschiedliche Kommunikationsziele

Nur Information oder mehr?

Wichtig bei der Wahl der Methoden ist, dass die verwendeten Methoden in einem vernünftigen Verhältnis zu den verfolgten Zielen stehen, das heißt zu der Art der Botschaft(en), die übermittelt werden soll(en). Wenn es beispielsweise nur darum geht, die Mitarbeiter und Führungskräfte über ein laufendes Projekt im Bilde zu halten, damit sich keine unnötigen Ängste und Spekulationen entwickeln, können Sie sich darauf beschränken, mit unaufwändigen Mitteln – wie zum Beispiel einem Newsletter – zu informieren. Wenn Sie dagegen die Aufmerksamkeit der gesamten Belegschaft auf ein neues Vorhaben lenken oder wesentliche Weichenstellungen bekannt machen wollen, ist es angebracht, zu einem “größeren Kaliber” greifen, also zu auffälligeren und außergewöhnlichen Methoden wie zum Beispiel einer Großveranstaltung oder einem Info-Markt – oder vielleicht auch zu einer Mitarbeiterbefragung.

Grundregel

Die simple Grundregel lautet:Einfache Kommunikationsmethoden für routinemäßige Messages, außergewöhnliche Methoden für außergewöhnliche Messages.

Auch eine “Typfrage”

Wie viel Aufwand Sie in die Kommunikationsmethoden investieren müssen, hängt weiterhin maßgeblich davon ab, mit was für einem Typ von Veränderungsvorhaben Sie es zu tun haben: Bei so genannten “Pull-Projekten” wie zum Beispiel einer Fusion oder einem Turnaround gieren die Mitarbeiter förmlich nach Information; dort ist es zwar wichtig, regelmäßig und umfassend zu informieren, aber an die Wahl der Methoden sind keine allzu hohen Ansprüche gestellt, weil die Mitarbeiter ohnehin jede Information verschlingen, derer sie nur habhaft werden können. In einer solchen Situation lesen sie selbst das langweiligste Rundschreiben oder dessen elektronisches Pendant. In solchen Fällen ist es mehr eine Frage des Respekts und der Wertschätzung, dass wichtige Nachrichten nicht nur per Rundschreiben oder Aushang bekannt gemacht werden, sondern durch direkte Kommunikation, also beispielsweise durch eine Info-Veranstaltung oder auch im Rahmen einer Betriebsversammlung.

Höhere Ansprüche

Ganz anders bei “Push-Projekten” wie etwa der Einführung eines Leitbilds oder einem Programm zur Veränderung der Unternehmenskultur: Dort hält sich das Interesse der meisten Mitarbeiter in Grenzen; je öfter sie ähnliche Programme schon erlebt haben und je mehr man ihnen zusetzt, desto genervter reagieren sie auf Informationskampagnen und auf die Veränderungen, die ihnen das Projekt abverlangt. Entsprechend mehr Phantasie und vor allem Empathie sollten Sie bei der Wahl und Ausgestaltung der Methoden an den Tag legen, um Aufmerksamkeit auf Ihre Botschaften zu ziehen, den Mitarbeitern die Veränderungen nahezubringen – und ihnen deutlich zu machen, dass es damit wirklich ernst ist.

Kompatibilität mit der Kultur und der Lage des Unternehmens

Stimmigkeit mit der Situation

Die Kommunikationsmethoden müssen aber nicht nur zu der Zielsetzung des Projekts passen, sondern auch zu der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens. Bewusste Kontrastsetzungen sind damit keineswegs ausgeschlossen, doch sollte es dann wirklich ein bewusster Kontrast sein und nicht ein unsensibler Missgriff. Eine Lehre war für mich vor vielen Jahren die Empörung eines Projektleiters, der unseren Vorschlag, eine externe Agentur mit der Gestaltung von Plakaten und Schautafeln zu beauftragen, mit der zornigen Frage zurückwies: “Und wie sollen wir den Leuten erklären, dass wir weiter Personal abbauen, wenn wir hier das Geld für bunte Bildchen verpulvern?” So recht er damit hatte, man kann in der Gestaltung nicht nur zu viel tun, sondern auch zu wenig. Die Ankündigung grundlegender Veränderungen mit Hausmitteilung Nr. 1329 ist ebenso fehl am Platze wie eine aufwändige Multimedia-Show in einer Turnaround-Situation.

Kultur-Kompatibilität

Nicht zu unterschätzen ist schließlich auch die Frage nach der Kompatibilität des Vorgehens mit der jeweiligen Unternehmenskultur. Vor allem Marketing-affine Großunternehmen etwa aus den Sektoren Konsumgüter oder Finanzdienstleistungen sind auch in der internen Kommunikation sehr hohe Standards gewohnt und messen die Bedeutung von Projekten halbbewusst auch daran, wie groß der Aufwand war, der für ihre Kommunikation getrieben wird. Das beginnt mit der kunstvollen Gestaltung von Präsentationsfolien (!) und reicht bis zur Einschaltung einer Event-Agentur für Zwecke, die man anderswo, ohne dass es irgendjemanden stören würde, mit Bordmitteln erledigen würde.

Das Kontrastprogramm dazu sind oft Mittelständler, darunter auch sehr erfolgreiche, die auch sehr wichtige Veranstaltungen in einer Form abwickeln, die die Mitarbeiter von Großkonzernen als schlicht bis hausbacken ansehen würden, die dort aber als völlig adäquat und angemessen empfunden werden.

Sensibilität gefragt

Vor allem neue Mitarbeiter sowie externe Berater, die die jeweilige Kultur nicht kennen, können bei der Wahl ihrer Instrumente sowohl in der einen als auch in der anderen Art daneben greifen: Was dem einen Kunden völlig übertrieben und viel zu dick aufgetragen erscheint, kommt bei dem anderen als lieblos dahin gehudelt oder als inakzeptable Schlamperei an. Da der Köder aber dem Fisch schmecken muss und nicht dem Angler, ist es Aufgabe der Kommunikatoren, sich an den Erwartungen ihrer Klientel auszurichten. Und wenn sie die nicht gut genug kennen, tun sie gut daran, sich des Rats und der Unterstützung geeigneter Interner zu versichern. Das ist allemal kostengünstiger und weniger ärgerlich, als wenn man eine wichtige Veranstaltung in den Sand setzt, weil ihre Form bzw. ihre Ausgestaltung der jeweiligen Kultur nicht angemessen war.

Welche Methode(n) für welchen Zweck?

“Methodenmatrix”

Eine erste grobe Sortierung liefert ja bereits die “Methoden-Matrix”, die sich einerseits an dem Kriterium “Größe der erreichten Zielgruppe” orientiert, andererseits an der “Wirkungstiefe”, also an der Frage, ob die eingesetzte Methode nur einen oberflächlichen Impuls gibt, ein deutliches Signal setzt oder gar einen nachhaltigen Anstoß zum Umdenken oder zur Verhaltensänderung auslöst.

Sortiert nach Kommunika-tionszielen

In der folgenden Übersicht finden Sie dieselben Kommunikationsmethoden verschiedenen typischen Kommunikationszielen zugeordnet; dabei wird unterschieden zwischen den “Methoden der Wahl” und “Flankierenden Methoden”, die den angestrebten Zweck der Kommunikation zwar nicht herbeiführen, ihn jedoch unterstützen können. Allerdings liefert diese Zuordnung nur eine erste grobe Orientierung: Nicht jedes Instrument passt zu jeder Kultur und zu den gegebenen Rahmenbedingungen. Eine Methode, in einem flippigen Medienunternehmen gut ankommt, kann bei einem bodenständigen schwäbischen Werkzeugbauer ziemlich in die Hose gehen. Und umgekehrt.

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Über den Autor

Winfried Berner ist Autor von zahlreichen Fachbüchern zu den Themen Change-Management, gezieltem Kulturwandel, Post-Merger Integration und anderen Themen der Organisationsentwicklung. Seit 2024 ist sein Unternehmen Teil der initio Organisationsberatung. 

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