Inhaltsverzeichnis:
Fortlaufender Dialog
Informelle Einbeziehung
Der Vorteil solcher regelmäßiger Diskussionen ist ihr offener und informeller Charakter; er erlaubt es, die interessierten Mitarbeiter und Führungskräfte in den Denkprozess des Projektes einzubeziehen, statt sie nur mit fertigen Ergebnissen zu konfrontieren. Zugleich hält sie das Projekt im Blickfeld der Aufmerksamkeit und sorgt für Transparenz über Arbeitsschwerpunkte, Vorgehen und die eingeschlagene Denkrichtung. Und er gibt den Mitarbeitern und Führungskräften, die einen besonderen Diskussionsbedarf zu dem Projekt haben, ein Forum, in dem sie ihre Anmerkungen, Einwände und Befürchtungen einbringen können. Allerdings setzt solch ein offenes Vorgehen ein einigermaßen offenes und “unpolitisches” Klima voraus.
Eine sinnvolle Struktur
Kein Plauder-stündchen!
Von der handwerklichen Seite her ist ein Jour fixe verführerisch einfach durchzuführen: Wer es sich einfach machen möchte oder zu wenig Zeit hat, braucht gar nichts vorbereiten, sondern muss nur fünf Minuten vor dem nächsten Treffen entscheiden, welche Themen, Ergebnisse und Lösungsansätze er kurz vorstellen möchte, bevor die Diskussion freigibt. Allerdings birgt ein solches allzu “souveränes” Vorgehen das Risiko, dass sich die Teilnehmer nicht ernst genommen fühlen – und beim zweiten oder spätestens beim dritten Mal wegbleiben. Auf diese Weise kann man dieses ebenso einfache wie nützliche Instrument schnell verbrennen, und zwar so nachhaltig, dass es danach kaum noch wiederzubeleben ist. Denn mittlerweile haben doch die allermeisten Mitarbeiter so viel zu tun, dass sie ihre Nachmittage auch ohne “Beschäftigungstherapie” zu füllen wissen; entsprechend ärgerlich reagieren sie, wenn sie den Eindruck haben, dass ihre Zeit mit einem schlecht vorbereiteten und unstrukturierten “Plauderstündchen” verschwendet wurde.
Leitfragen zur Vorbereitung
- Welche Themen unserer Arbeit sind für die Mitarbeiter und Führungskräfte von besonderem Interesse? Worüber würden wir informiert sein und mitreden wollen, wenn wir an ihrer Stelle wären?
- Zu welchen Themen und Fragen suchen wir, die Projektleitung, das Feedback oder die Anregungen der Mitarbeiter?
- Wie gehen wir am besten vor, um beiden Zielen möglichst gut gerecht zu werden?
Was interessiert die Teilnehmer?
Bei der ersten Frage ist es wichtig, sich nicht in die Tasche zu lügen: Entscheidend ist nicht, welche Fragen das Projekt nach dem jetzigen Stand seiner Arbeit beantworten kann, und es geht auch nicht darum vorzuführen, wie fleißig man war, sondern in erster Linie darum, welche Fragen die Mitarbeiter und/oder Führungskräfte real interessieren oder interessieren würden, wenn sie davon wüssten.
Falls das Fragen sind, auf die das Projektteam derzeit noch keine Antwort geben kann, soll und darf das genau so gesagt werden. Das ist weit besser als an den wirklichen Fragen der Mitarbeiter wortreich vorbeizureden. Falls darunter Fragen sind, die überhaupt nicht im Arbeitsfeld des Projekts liegen, muss es erst recht klar gesagt werden, denn das ist die einfachste Möglichkeit, späteren Enttäuschungen vorzubeugen. Ideal ist, wenn es Ihnen gelingt, eine Verbindung zwischen den geplanten Schritten und Meilensteinen der Projektarbeit und den Anliegen der Mitarbeiter und Führungskräfte herzustellen: Wenn sie ihre Themen im Vorgehen des Projekts wiederfinden, erhöht das natürlich die Akzeptanz – und die Neugier auf die weiteren Ergebnisse.
Vorrang haben die Projektthemen
Typischer Ablauf
Der prototypische Ablauf eines Jour fixe sieht etwa so aus:
- Information, woran das Projekt derzeit arbeitet und wo es momentan steht (ca. 10 – 20 Minuten);
- Fragen, zu denen das Projektteam gerne den Input der Teilnehmer hätte (ca. 20 – 60 Minuten)
- Fragen, die die Teilnehmer bzw. die Mitarbeiter generell in Bezug auf das Projekt beschäftigen (ca. 10 – 40 Minuten);
- Sonstige diskussionsbedürftige Themen (ca. 0 – 30 Minuten).
Interferenz mit aktuellen Themen
Die Themen des Projekts in den Vordergrund zu stellen und nicht die allgemeine Stimmungslage im Unternehmen, ist in diesem Fall gerechtfertigt; schließlich ist das Projekt nicht der Kummerkasten der Nation, in den alle Sorgen, Nöte und Ärgernisse eingeworfen werden können – und es würde sich hoffnungslos übernehmen, wenn es sich dazu machen würde. Wenn andererseits die Aufmerksamkeit und die Emotionen der Mehrzahl der Mitarbeiter bei anderen Themen sind, lässt sich ohnehin nicht verhindern, dass sie auch in den Jour fixe hineinspielen: “Störungen haben Vorrang” – gleich ob es uns gelegen kommt oder nicht.
Bei Bedarf Management einladen
Doch selbst in einer Situation, wo die Mitarbeiter offensichtlich und vorhersehbar andere Fragen beschäftigen, halte ich es für angebracht, zunächst mit den Themen des Projekts zu beginnen. Denn das Projekt ist nicht dafür zuständig, sämtliche Probleme des Unternehmens auf seine schmalen Schultern zu nehmen, sein Job ist in erster Linie, seinen Auftrag zu erfüllen. Falls sich allerdings abzeichnet, dass die Teilnehmer vorrangig Diskussionsbedarf zu Themen haben, die mit dem Projekt nicht unmittelbar zu tun haben, kann es sinnvoll sein, ein geeignetes Mitglied des Top-Managements zu dem Jour fixe einzuladen, damit es zu diesen Fragen Stellung nehmen kann.
Diskussion in Gang bringen
Je nachdem, was für Themen anstehen, reicht es manchmal schon, den aktuellen Arbeitsstand des Projektes vorzustellen, um eine lebhafte Diskussion anzufachen. Manchmal sind die Reaktionen aber auch verhaltener, und in diesen Fällen ist es sinnvoll, der Diskussion etwas auf die Sprünge zu helfen, weil dem Projekt mit einer allzu raschen Zustimmung nicht unbedingt gedient ist. Denn diese Zustimmung hält nicht lange, wenn die Mitarbeiter und Führungskräfte sich im weiteren Verlauf genauer mit der vorgeschlagenen Lösung auseinandersetzen und ihre Konsequenzen und Tragweite besser verstehen.
Keine Angst, schlafende Hunde zu wecken
Dabei muss man keine Angst haben, schlafende Hunde zu wecken: Mit hoher Wahrscheinlichkeit würden die “Hunde” so oder so rechtzeitig genug aufwachen, um das allzu schnelle Durchwinken einer von ihnen ungeliebten Lösung nicht zuzulassen. Eine bewährte Möglichkeit, die Diskussion in Gang zu bringen, ist, die Teilnehmer zu fragen, welche konkreten Auswirkungen auf ihre Arbeitsbereiche die vorgeschlagene Veränderung hätte. Eine andere ist, zwei oder drei alternative Lösungsoptionen vorzustellen. Dann ist eine allzu eilfertige Zustimmung nicht möglich; die Bewertung von Alternativen verlangt nach einer Stellungnahme.
Resümee des Projektteams
Im Anschluss an den Jour fixe sollte das Projektteam ein kurzes Resümee ziehen: Was haben wir an neuen Erkenntnissen gewonnen? Was hat uns überrascht? Welche Impulse sollten wir berücksichtigen, auf welche können oder wollen wir nicht eingehen? Welche Auswirkungen hat dies für unsere weitere Arbeit? Welche Hinweise und Informationen sollten wir an unseren Auftraggeber weitergeben? Ein erstes kurzes Resümee kann der Projektleiter bereits am Schluss des Jour fixe’ ziehen; das liefert einen guten “Abbinder” für die Veranstaltung. Allerdings sollte er dabei der Verführung bewusst sein und ihr widerstehen, in “populistischer Weise” allzu rasch auf die Wünsche und Forderungen der Gruppe einzugehen, ohne dabei zu bedenken, welche Konsequenzen dies möglicherweise für die Projektplanung und/oder die übergeordneten Ziele des Projekts hätte.
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Über den Autor
Winfried Berner ist Autor von zahlreichen Fachbüchern zu den Themen Change-Management, gezieltem Kulturwandel, Post-Merger Integration und anderen Themen der Organisationsentwicklung. Seit 2024 ist sein Unternehmen Teil der initio Organisationsberatung.