Inhaltsverzeichnis:
- 1 Gezielte Verstärkung
- 2 Rolle und Nutzen des Change Coach
- 3 Anforderungen an einen Change Coach
- 4 Change Coaching in der Praxis
- 5 Die richtige Form der Zusammenarbeit finden
- 6 Praktische Tipps für Change Coaches
- 7 Wann ist das Arbeiten mit internen Teams sinnvoll?
- 8 Ohne ein Mindestmaß an Ressourcen geht es nicht
- 9
- 10 Kostenfreies Erstgespräch
Gezielte Verstärkung
Klare Führung
Für den Erfolg interner Veränderungsvorhaben sind zwei Voraussetzungen wichtig: Zum einen eine klare und verlässliche Führung, zum anderen eine qualifizierte Betreuung des Veränderungsprozesses. Auf eine beständige und verlässliche Führung sind sämtliche Change-Projekte angewiesen, aber interne Projekte in ganz besonderem Maße. Während externe Berater auch bei unklarer oder unbeständiger Führung schon deshalb ein gewisses Beharrungsvermögen an den Tag legen, weil sie ja ihren Auftrag erfüllen wollen, sind interne Teams relativ leicht zu verprellen. Wenn bei ihnen der Eindruck entsteht, dass die Erfolgsaussichten des Projekts schwinden und/oder die Geschäftsleitung nicht (mehr) dahinter steht, ziehen sie sich zurück. Denn als Interne können sie sich allenfalls eine blutige Nase holen, wenn sie für eine Sache kämpfen, die nicht die nötige Rückendeckung von “ganz oben” hat.
Change Coach als Bindeglied
Deshalb ist es bei internen Veränderungsvorhaben besonders wichtig, dass der Draht zwischen Auftraggeber und Projekten nicht abreißt. Die Rolle des Bindeglieds sollte ein (externer oder interner) Change Coach übernehmen, der nicht nur die Projektleiter und Teams unterstützt, sondern auch die Geschäftsleitung berät und vor allem bei Krisen und Konflikten dafür sorgt, dass die Probleme angegangen und tragfähige Lösungen gefunden werden. Nötigenfalls muss er der Geschäftsleitung deutlich machen, dass sie sich einschalten und Stellung beziehen muss, weil sonst das gesamte Vorhaben in Gefahr kommt.
Rolle und Nutzen des Change Coach
Beratung und Unterstützung
“Change Coach” ist nicht einfach ein neumodisches Wort für Projektleiter (oder Ober-Projektleiter); vielmehr hat der Change Coach eine grundlegend andere Rolle. Seine Aufgabe ist, den oder die Projektleiter in methodischen Fragen und im Change Management zu beraten und zu unterstützen. Dabei behalten der oder die Projektleiter die volle Verantwortung für die Führung ihrer Teams sowie für das Erreichen der festgelegten Zeit- und Ergebnisziele. Der Change Coach steht zu Verfügung, um ihnen beim Strukturieren des Vorgehens zu helfen, um Zwischenergebnisse und gegebenenfalls aufgetretene Schwierigkeiten zu besprechen und um sie bei der Kommunikation und der Bewältigung von Widerständen, Konflikten und Krisen zu unterstützen.
Parallelen zum persönlichen Coaching
So wie ein persönlicher Coach Führungskräfte bei beruflichen Problemen und Entscheidungen berät, unterstützt der Change Coach Projektleiter, Teams und Geschäftsleitung bei der Realisierung ihres Veränderungsvorhabens. Im Gegensatz zum individuellen Coaching konzentriert sich das Change Coaching jedoch nicht auf persönliche Themen, sondern auf das Projekt – auf erzielte Fortschritte ebenso wie auf aufgetauchte Hindernisse. Es zielt darauf, an kritischen Stellen die “Systemdynamik” zu verstehen, das heißt, das Zusammenspiel der Kräfte und Interessen transparent zu machen. Ähnlich wie bei einem persönlichen Coaching liegt auch der Nutzen des Change Coaching in einer vertieften Selbst- und Prozessreflexion, die zu besseren Entscheidungen und wirksamerem Handeln führt.
Coaching-Schwerpunkte
Je nach Aufgabenstellung und Herangehensweise kann der Schwerpunkt des Change Coaching entweder mehr auf der eingesetzten Methodik und dem Projektmanagement liegen (was dann eher auf eine fachliche Anleitung hinausläuft; Modell “Methoden-Guru”) oder mehr auf der Reflexion und Steuerung des Veränderungsprozesses (Modell “Change-Guru”). Beides hat seinen Platz: Eine methodische Unterstützung ist vor allem dann angebracht, wenn das Unternehmen bzw. der Projektleiter mit der benutzten Methodik nicht hundertprozentig vertraut sind.
Coaching im Change Management
Dagegen lohnt sich ein Change Management-Coaching auch für erfahrene Projektleiter, und zwar umso mehr, je komplexer das Projekt und je größer das Widerstandspotenzial ist. Denn umso größer ist die Gefahr, dass der Projektleiter irgendwann den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht – oder dass er einfach unsicher ist, wie er die momentane Lage einschätzen soll. Hier kann die regelmäßige Reflexion des aktuellen Stands mit einem neutralen, veränderungserfahrenen Gesprächspartner viel Nutzen bringen: Dies hilft sowohl, die Situation sicherer zu beurteilen, als auch, gezielter und sicherer zu handeln.
Anforderungen an einen Change Coach
Anforderungen
Damit der Change Coach dies leisten kann, genügt es nicht, dass er mit individuellen beruflichen Konflikten vertraut ist; er muss sich auch mit der eingesetzten Methodik und vor allem mit den Möglichkeiten des Change Management auskennen. Die Idealbesetzung für den Change Coach ist daher ein erfahrener (externer oder interner) Berater oder ein gestandener Projektmanager, der selbst schon einige Stürme durchgestanden hat. Er muss die Gelassenheit und Reife besitzen, das Spiel vom Spielfeldrand aus zu beobachten und bei Bedarf (aber nur dann!) steuernde Impulse zu geben.
Konfliktpotenzial
Dies ist vor allem im Team-Coaching wichtig. Denn wenn er sich in die Projektleitung einmischt, sobald es ihn allzu sehr in den Fingern juckt, besteht die Gefahr, dass er vom Coach des Projektleiters zu dessen Rivalen wird. Er drängt ihn auf die Seite (sofern dieser sich das gefallen lässt) und führt ihm öffentlich vor, wie es (aus seiner Sicht) richtig geht. Durch solch unüberlegte Interventionen kann er nicht nur den Projektleiter nachhaltig verärgern und demotivieren, sondern auch das Team verunsichern. Deshalb ist wichtig, dass sich der Coach konsequent auf seine Rolle “am Spielfeldrand” beschränkt und der Versuchung widersteht, sich den Ball selbst zu schnappen und aufs Tor zu schießen.
Geschäftsleitung
Wichtig ist weiter, dass der Change Coach das Format hat, auch die Geschäftsleitung zu beraten und zu coachen. Das setzt strategisches Denken, Stehvermögen und auch einen Schuss Konfliktbereitschaft voraus – nur dann kann der Coach seine konstruktive Mittlerrolle wirklich ausfüllen. Wer nur die Wünsche der Geschäftsleitung an die Projektteams weiterleitet, wird der Aufgabe nicht gerecht. Der Change Coach muss stark genug sein, um dem Projektleiter Rückendeckung zu geben, wenn es der Geschäftsleitung nicht schnell genug geht, und er muss den Mut haben, in kritischen Situationen eine Entscheidung der Geschäftsleitung bzw. eine deutliche Stellungnahme einzufordern – auch wenn das der GL momentan überhaupt nicht in den Kram passt und sie auf diese Zumutung erst einmal “ungnädig” reagiert. Umgekehrt muss er auch in der Lage sein, den Projektleitern und -teams kritische Hinweise der Geschäftsleitung nachvollziehbar zu vermitteln.
Rollenkonflikt mit Linienführung
Prinzipiell kann auch ein Mitglied des Top-Managements die Rolle des Change Coach übernehmen – sofern es bereit und in der Lage ist, genügend Zeit dafür freizumachen. Allerdings ist das aus mehreren Gründen heikel: Erstens weil sich die beratende und unterstützende Rolle des Change Coach nicht ohne weiteres mit der treibenden und kontrollierenden der Linienführung vereinbaren lässt. Zweitens weil viele Projektleiter und Teammitglieder zögern werden, sich gegenüber einem Mitglied des Top-Managements in Bezug auf Schwachpunkte, Fehler und Verzögerungen zu öffnen – schließlich haben diese Personen maßgeblichen Einfluss auf ihre weitere Karriere.
Deshalb besteht bei Mentoren aus dem Top-Management die Gefahr, dass sie von Problemen erst in letzter Minute erfahren – was ihre Chancen zur Einflussnahme einschränkt und zudem gegenüber Außenstehenden den Eindruck erweckt, sie würden ihrer Aufgabe nicht gerecht. Ein Change Coach, der außerhalb der Hierarchie steht und eine bewusste und verantwortete Mittlerrolle zwischen Top-Management und Projektleitern übernimmt, tut sich hier in aller Regel leichter.
Change Coaching in der Praxis
Auftragsklärung
Die Arbeit des Change Coach beginnt zweckmäßigerweise mit der Auftragsklärung. In einem gemeinsamen Gespräch mit Auftraggeber und Projektleiter(n) sollten die Projektziele und die wesentlichen Eckdaten festgelegt werden; dabei sollten die Rollen von Change Coach einerseits und Projektleiter(n) andererseits, so gut es geht, gegeneinander abgegrenzt werden. Ein solches Dreiergespräch hat den Vorteil, dass nicht nur alle auf dem gleichen Informationsstand sind, sondern dass sich auch jeder sicher sein kann, dass die anderen exakt die gleichen Basisinformationen haben.
Schriftlicher Projektauftrag
Es ist sinnvoll, den Projektauftrag in einem Dokument festzuhalten, das die Projektziele, die wichtigsten Termine, die Projektstruktur und eine Skizze des Vorgehens enthält. Eine solche Unterlage erweist sich nicht nur als wertvolle Gedächtnisstütze, sondern auch als nützliche Arbeitsgrundlage für die Projektteams. Überdies ist sie eine große Hilfe für die Kommunikation mit Zeitgenossen, die Genaueres über das Projekt wissen wollen – wie zum Beispiel die betroffenen Bereiche und der Betriebsrat.
Arbeitsplanung
Wenn die Eckdaten klar sind, kann im nächsten Schritt das Vorgehen strukturiert werden. Streng genommen ist dies Aufgabe des oder der Projektleiter, weil die ja für die operative Führung des Projekts verantwortlich sind. Je nach deren Erfahrungsstand kann es aber pragmatisch sinnvoll und zeitsparend sein, die Strukturierung gemeinsam mit dem Change Coach vorzunehmen. In diesem Zusammenhang kann dann auch gleich besprochen werden, wie das Kickoff-Meeting gestaltet werden soll und ob eine Schulung oder sonstige Vorbereitung des bzw. der Teams erforderlich ist. Und schließlich muss spätestens hier festgelegt werden, wie die Zusammenarbeit von Projektleiter(n), Team(s) und Change Coach in der Praxis ablaufen soll.
Die richtige Form der Zusammenarbeit finden
Alternative Vorgehensmodelle
Prinzipiell kann Change Coaching sowohl in Einzelgesprächen mit dem oder den Projektleitern stattfinden als auch in Form eines regelmäßigen Team-Coaching, an dem die gesamte Projektgruppe teilnimmt. Letzteres ist die schwierigere Konstellation, weil der Projektleiter hier leicht in die unbehagliche Lage kommt, dass seine Entscheidungen vor dem Team hinterfragt werden. Auf der anderen Seite hat sie den Vorteil, dass die Zusammenarbeit, sofern sie funktioniert, effizienter ist, weil der Aufwand der zweifachen Vermittlung entfällt. Das setzt aber ein Vertrauensverhältnis zwischen Projektleiter und Coach voraus. Möglich ist auch, eine gemischte Linie zu wählen: Zunächst ein Einzelgespräch zwischen Projektleiter und Coach, dann eine gemeinsame Sitzung mit dem Team, eventuell auch eine kurze Nachbereitung unter vier Augen.
Rollen des Change Coach
Rhythmus
Wichtig ist, dass die Coaching-Gespräche mit hoher Regelmäßigkeit stattfinden. Denn wenn der Abstand zu groß wird, reißt der Faden ab, und der Change Coach ist nicht mehr auf dem aktuellen Stand. Dann ist in jeder Sitzung viel Zeit für Erklärungen erforderlich, und der Coach kann nur begrenzt weiterführende Anregungen geben. Dadurch verschlechtert sich für das Projekt das Verhältnis von Aufwand und Ertrag, was bald zur Folge hat, dass die Gespräche entweder zur lästigen Pflichtübung verkommen oder ganz einschlafen. Nach unserer Erfahrung empfiehlt sich für Full-Time-Projekte ein wöchentlicher Rhythmus, für Projekte, die neben dem normalen Tagesgeschäft betrieben werden, ein Abstand von zwei bis drei Wochen.
Regelmäßige Kontakte mit Auftraggeber
Parallel zu den Meetings mit den Projektleitern bzw. Teams sollte der Change Coach auch regelmäßig mit dem Auftraggeber zusammentreffen. Zweck dieser Gespräche ist, sich gegenseitig über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten, die Einbettung des Projekts in den Gesamtzusammenhang des Unternehmens zu beobachten und zu prüfen, ob von Seiten der Teams oder der Geschäftsleitung ein Kommunikations- oder sonstiger Handlungsbedarf besteht. Dabei kann der Coach sowohl der Überbringer von Botschaften der Teams an den Auftraggeber als auch umgekehrt sein. Allerdings sollte die Kommunikation zwischen Projektleitern und Auftraggeber nicht ausschließlich über den Coach laufen: Zusätzlich sollten in regelmäßigen Abständen auch Projektsteuerungs-Meetings stattfinden, an denen der Auftraggeber, die Projektleiter und der Change Coach teilnehmen und die der gegenseitigen Information, der Diskussion aktueller Themen und der Entscheidungsfindung dienen.
Praktische Tipps für Change Coaches
Ordnen der Gedanken
Qualität und Nutzen der gemeinsamen Sitzungen lassen sich mit ein bisschen Vorbereitung deutlich verbessern. Nehmen Sie sich als Change Coach vor jedem Meeting ein paar Minuten Zeit – mehr ist gar nicht erforderlich – und fragen Sie sich: Was waren bei unserem letzten Treffen die wichtigsten Punkte? Wo wollte und sollte das Team heute stehen? Welche Fragen habe ich aktuell? Parallel dazu sollten sich auch der Projektleiter bzw. das Team kurz überlegen: Welche wichtigen Entwicklungen haben sich seit unserem letzten Gespräch ergeben? Was macht mir bzw. uns Sorgen oder ist unklar? Wofür will ich bzw. wollen wir das Gespräch mit dem Coach heute nutzen? Mit dieser letzten Frage und dem Festlegen einer gemeinsamen Agenda sollte das Gespräch dann auch beginnen. Dieser geringe Aufwand zum Ordnen der Gedanken macht die Treffen um ein Vielfaches produktiver als wenn man einfach anfängt und schaut, wo der Fluss des Gesprächs einen hinträgt.
Luft lassen
Insbesondere für externe Change Coaches ist es ratsam, die Zeit beim Kunden nicht bis zum Anschlag zu verplanen. Es ist zwar sehr aufopferungsvoll und selbstlos, wenn man zwischen Ankunft und Abfahrt keine freie Minute hat, lässt aber Null Raum für unerwartete Ereignisse. Damit sind Sie manövrierunfähig, falls sich ein kurzfristiger Handlungsbedarf ergibt, etwa für ein klärendes Gespräch oder die vertiefte Auseinandersetzung mit einem Problem. Was zur Folge haben kann, dass sich Schwierigkeiten und Verstimmungen, die sich mit einem raschen Gespräch leicht hätten ausräumen lassen, verhärtet haben, bis Sie in ein oder zwei Wochen wiederkommen (und dann womöglich wieder keine Zeit haben).
Blickrichtung Kommunikation
Ein Thema lohnt es, externen wie internen Change Coaches gleichermaßen ans Herz zu legen: die Kommunikation. Offenbar unterliegen Projektteams und ihre Leiter einem magischen und unabweisbaren Sog in die Sacharbeit, der sie außerstande setzt, all das, was sie “eigentlich” über Kommunikation wissen, in die Tat umzusetzen. Der Pulsschlag der Projektarbeit wird getaktet von den Lenkungsausschuss-Präsentationen. Kaum ist die eine überstanden, muss dringend mit den Vorarbeiten für die nächste begonnen werden – schon damit die Lücken geschlossen werden können, mit denen man diesmal gerade noch durchgekommen ist. Wenn da überhaupt noch Raum für Kommunikation bleibt, dann für eine kurze mündliche oder schriftliche Information. Das ist zwar besser als gar nichts und reicht für die Mitteilung von Zwischenergebnissen meistens auch aus, aber es ist zu wenig, um die Kommunikation mit der nötigen Sorgfalt und Voraussicht zu betreiben.
Notwendiges Nervensägen
Deshalb ist notwendig, dass der Coach ein waches Auge auf die Themen Change Management und Kommunikation hat und sie immer wieder ins Sichtfeld holt. Damit wird er sich zwar zuweilen etwas genervte Reaktionen einhandeln, aber er tut dem Erfolg des Projektes dennoch einen guten Dienst. Denn letzten Endes hat man bei Veränderungsprozessen nicht die Wahl, ob man kommuniziert oder nicht, sondern nur, ob man die Initiative behält oder ob man in die Defensive gerät, bis man schließlich mit dem Rücken zur Wand agiert. Erfolgreiches Change Management erfordert, sich ständig hineinzudenken, was die neuen Überlegungen und Entscheidungen für die betroffenen Bereiche bedeuten. Wenn sie ernsthafte Auswirkungen auf die Mitarbeiter haben oder auch nur haben könnten, dann ist es nicht mit routinemäßiger Information oder einem Jour fixe getan – dann muss man ein wenig Gehirnschmalz darauf verwenden, eine geeignete Form der Kommunikation zu finden.
Wann ist das Arbeiten mit internen Teams sinnvoll?
Kein Allheilmittel
Obwohl Change Coaching ein ausgesprochen pfiffiger Veränderungsansatz ist, kann es nicht sämtliche Menschheitsprobleme lösen. Prüfen Sie daher, bevor Sie sich für diesen Ansatz entscheiden, ob er sich für Ihre konkreten Zwecke eignet. Unsere Auswertung etlicher Change-Coaching-Projekte ergibt ein recht klares Bild der Indikationen und Kontraindikationen:
Kontraindikationen
- wenn Veränderungen unter extremem Zeitdruck realisiert werden müssen (denn ein Veränderungsprozess von innen braucht in aller Regel länger als einer mit externen Beratern, die mit der Methodik vertraut sind und in Vollzeit zu Verfügung stehen);
- wenn die Projektziele eher vage und (noch) nicht genau bestimmbar sind;
- wenn ein radikaler Blick von außen – zum Beispiel aus Kundensicht – erforderlich ist, der keinerlei Rücksicht auf im Unternehmen bestehende Traditionen und Gewohnheiten nimmt (dagegen ist die Einbeziehung der Außensicht über Change Coaching durchaus möglich);
- wenn eine hoch spezialisierte Methodik zum Einsatz kommen soll, die umfangreiche Vorkenntnisse und spezifische Vorerfahrungen voraussetzt;
- wenn der Lernaufwand sehr hoch wäre und die Internalisierung des Know-how für das Unternehmen keinen dauerhaften Nutzen bringt
- wenn die Projektziele aus rechtlichen oder politischen Gründen nicht offen kommuniziert werden können (wie zum Beispiel bei der Vorbereitung einer Fusion oder Übernahme)
- wenn die Projektziele nicht mit der bestehenden Unternehmenskultur vereinbar sind (eine Weiterentwicklung oder auch ein “Umbau” der Kultur ist via Change Coaching jedoch durchaus möglich)
- wenn die Belastung durch das Tagesgeschäft so hoch ist, dass das Unternehmen bzw. die in Frage kommenden Teammitglieder nicht genügend Ressourcen für eine produktive Projektarbeit haben.
Indikationen
- wenn sich Projektziele und Projektauftrag hinreichend klar definieren lassen;
- wenn die Methodik, die zum Einsatz kommen soll, leicht und mit geringem Zeitaufwand erlernbar ist (wie zum Beispiel Reengineering);
- wenn ein hoher Grad an Vertrautheit mit dem Unternehmen, dem Markt, den Kunden und/oder den Produkten für den Projekterfolg wichtig ist (sodass externe Berater kaum in der Lage wären, die Problemstellung vollständig zu durchdringen);
- wenn es für das Unternehmen wünschenswert ist, dass die Methodik und das im Projekt entstehende Know-how “internalisiert” werden, dem Unternehmen also auch nach Abschluss des Projektes und dem Abzug der Berater weiter zu Verfügung stehen;
- wenn eine echte Freistellung oder Entlastung des Projektleiters und der Teammitglieder möglich ist, sodass sie genügend Zeit und Energie für das Projekt aufbringen können.
Ohne ein Mindestmaß an Ressourcen geht es nicht
Scheitern an Überlastung
Voraussetzung für eine “Veränderung von innen” mittels Change Coaching ist, dass die Mitarbeiter noch ein Minimum an Reserven haben, das heißt an freier Kapazität, die sie ohne Zusammenbruch des Tagesgeschäfts frei machen können. In den letzten Jahren haben sich immer mehr Unternehmen so gnadenlos effizient gemacht, dass das gesamte Personal zu 100 Prozent im Tagesgeschäft gebunden ist. In solchen Fällen lassen sich interne Teams zwar noch zusammenstellen und zu einem Kickoff-Meeting zusammentrommeln, doch die Zeit und Kraft reichen nicht mehr für eine produktive Projektarbeit über einige Monate hinweg – früher oder später (meist früher) geht den Teams die Luft aus.
Teufelskreis
Das erste Symptom dafür ist oft, dass Teamsitzungen immer häufiger mit dem Bekenntnis beginnen, die vereinbarten “Hausaufgaben” nicht gemacht zu haben, was alsbald in allgemeine Klagen über die hohe Arbeitsbelastung und die schwierigen Zeiten übergeht. Da bei solchen Sitzungen wenig herauskommt, werden sie bald selbst zur Quelle wachsender Frustration. Immer mehr Teammitglieder entschuldigen sich unter dem Vorwand wichtiger Verpflichtungen; andere bleiben unentschuldigt fern. Damit entsteht ein fataler Teufelskreis: Infolge der unregelmäßigen Teilnahme fangen die Diskussionen immer wieder bei Adam und Eva an. Wegen des mangelnden Fortschritts wächst die Frustration, was die Neigung, sich vor den Sitzungen zu drücken, weiter fördert. Und irgendwann einmal schläft die ganze Sache ein ( Projektabbruch).
Freiräume
Hundertprozentige Effizienz ist eine hundertprozentige strategische Dummheit: Sie opfert die Fähigkeit zum Nachdenken und zur Erneuerung auf dem Altar der Produktivität – und setzt damit die mittelfristige Überlebensfähigkeit aufs Spiel. Denn, wie Michael Löhner treffend gesagt hat, “ein Unternehmen ist genau dann überlebensfähig, wenn seine Lerngeschwindigkeit höher ist als die Veränderungsgeschwindigkeit der Umgebung.” Um lernfähig zu sein, müssen Unternehmen ein Mindestmaß an Freiräumen lassen, damit Raum für Kreativität und Weiterentwicklung bleibt. Nur unter dieser Bedingung sind sie veränderungsfähig – und nur unter dieser Bedingung funktioniert Change Coaching.
Verwandte Themen: Veränderungsstrategie Berater Geschäftsleitung Auftragsklärung Projektmanagement Projektleiter Freiräume Ressourcenmangel und die 50-Prozent-Lüge Download “Change Coaching” (Fallstudie aus dem öffentlichen Bereich)
Kostenfreies Erstgespräch
Vereinbaren Sie hier ein kostenfreies Erstgespräch!
Über den Autor
Winfried Berner ist Autor von zahlreichen Fachbüchern zu den Themen Change-Management, gezieltem Kulturwandel, Post-Merger Integration und anderen Themen der Organisationsentwicklung. Seit 2024 ist sein Unternehmen Teil der initio Organisationsberatung.