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Geringst-möglicher Aufwand
“An alle Haushaltungen”
Innerhalb von Unternehmen sind wir an diese lieblose Methode der Kommunikation so gewöhnt, dass vielleicht ein Vergleich zum Privatleben hilfreich ist. Wenn Sie zuhause in Ihrem Briefkasten eine fotokopierte Mitteilung “An alle Haushaltungen” vorfinden, werden Sie sie wahrscheinlich ungelesen in den Papierkorb werfen: Unpersönlicher ist Kommunikation kaum noch möglich. Genau dieser Grad an Sorgfalt ist unternehmensintern jedoch gang und gäbe – nicht, weil es hier persönlicher wirken würde, sondern weil sich die Adressaten hier schlechter entziehen können. Skurril wird es dann, wenn sich Versender darüber beklagen, dass ihre Rundschreiben nicht ausreichend beachtet würden. Dabei haben die Adressaten doch genau so reagiert wie sie angesprochen wurden.
Wo Memos angebracht sind
Natürlich haben Rundschreiben für bestimmte Zwecke trotzdem ihren Nutzen und ihre Berechtigung. Wenn es darum geht, Änderungen der Pauschbeträge für Auslandsreisen mitzuteilen, wäre jeder höhere Aufwand ein überflüssiger Overkill. Für administrative Routine-Kommunikation sind Rundschreiben genau das richtige Medium.
Subtile Entwertung
Zur subtilen Missachtung werden sie dort, wo die Nachricht für den Empfänger eine Bedeutung hat, die über administrative Routine hinausgeht. Wenn auf diesem Weg zum Beispiel eine Veränderung der Organisation kommuniziert wird, die für viele Mitarbeiter bedeutet, dass sie neue Kollegen und neue Vorgesetzte bekommen, dann wirkt ein Rundschreiben kalt und technokratisch – also, wie Zyniker sagen könnten, in gewissem Sinne sehr authentisch. Denn die “Message des Mediums” ist in diesem Fall, dass die Unternehmensleitung an den Gefühlen der Mitarbeiter zutiefst desinteressiert ist und sie als beliebig verschiebbare Schachfiguren sehen möchte: “Wir wissen schon, dass sie jetzt eine Weile aufgeregt gackern werden. Aber das legt sich wieder.”
Vorsicht Gedanken-losigkeit!
Ich schreibe das deshalb so zugespitzt, weil wir das Kommunizieren per Rundschreiben so gewohnt sind, dass wir in der Gefahr sind, es gedankenlos auch für Zwecke einzusetzen, für die es gerade wegen der Message des Minimalaufwands nicht nur ungeeignet, sondern schädlich ist. Diese Gefahr ist dann besonders stark, wenn man unter Zeitdruck steht und spontan keine gute Idee für einen besseren Kommunikationsweg hat. Versetzen Sie sich in solchen Fällen in die Perspektive der Empfänger und überlegen Sie, ob Sie sich adäquat angesprochen fühlen würden oder ob Sie ein inneres Unbehagen empfänden. Und wählen Sie im Zweifelsfall lieber die direkte Kommunikation!
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Über den Autor
Winfried Berner ist Autor von zahlreichen Fachbüchern zu den Themen Change-Management, gezieltem Kulturwandel, Post-Merger Integration und anderen Themen der Organisationsentwicklung. Seit 2024 ist sein Unternehmen Teil der initio Organisationsberatung.