HomeMethoden & WissenGroßgruppenmethodenGroßgruppenmethodenAus dem Methoden-Baukasten für RTSC-Konferenzen: Teil 2 – “Aufrütteln”
Wer Wandel in großen Gruppen erzeugen möchte, muss Erkenntnisse in den Köpfen der Teilnehmer*inenn generieren. Dazu braucht es mitunter Methoden, die Fakten vermitteln, neue Perspektiven einführen oder Bestehendes analysieren, um daraus die richtigen Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Dieser Artikel vermittelt einen „Methodenbaukasten“ für Workshops und Großgruppenverfahren, um diese und andere Ziele zu erreichen. Die einzelnen Bausteine können je nach Aufgaben- und Zielstellung frei miteinander kombiniert werden.

Dieser Artikel ist Teil unserer Artikelserie zu „Real Time Strategic Change“ (RTSC) Konferenzen. Die Methoden können aber natürlich auch in anderen Kontexten verwendet werden.

Perspektiven des Managements vermitteln

Die “Was-mich-nachts-nicht-schlafen-lässt”-Rede

Es kann ein guter Einstieg sein, wenn die Führungsspitze zuerst ihre Betrachtung der Situation darlegt und den Teilnehmern erklärt, was den Redner an der momentanen Situation der Organisation beunruhigt. Wichtig ist, dass nicht nur die Fakten genannten werden, sondern auch die persönlich-emotionalen Seiten, „was diese Situation mit der Führungskraft als Mensch macht“. Die „was mich nachts nicht schlafen lässt“ Rede sollte klar und „auf den Punkt“ sein und keinesfalls länger als 20 Minuten dauern.

Bewährt hat sich darzustellen, welche Herausforderungen auf das Unternehmen oder die Organisation zukommen und wie man ihnen begegnen kann. Die Führungskraft soll zwar einerseits den Ernst der Lage darlegen, andererseits gleichzeitig die Botschaft vermittelt, dass die Mitarbeiter alle so in Ordnung sind, wie sie sind. Ein hilfreicher Tenor der Rede ist „Wir sind alle noch zu deutlich mehr fähig und wir werden es schaffen“. Keinesfalls darf der Eindruck „Wir sind alle schlecht“ entstehen. Ziel ist „Aufbruchsstimmung“ zu erzeugen und nicht Anklage zu erheben.

Nach dem Vortrag wird den Teilnehmern noch die Möglichkeit gegeben, Fragen zu Aspekten zu stellen, die ihnen unklar geblieben sind oder die sie belasten.

Die finanzielle Situation verstehen

Oft ist es notwendig, dass die Mitarbeiter die finanzielle Situation der Organisation besser verstehen. Dafür ist es gut, wenn die Arbeitsgruppen zunächst einmal selber erarbeiten, wie viel Gewinn das Unternehmen braucht, um beispielsweise die Investitionen des letzten Jahres decken zu können.

Anschließend wird der tatsächliche Gewinn offengelegt und den Gruppen die Aufgabe gegeben, die grundsätzlichen Optionen zu erarbeiten die es gäbe, um den Gewinn zu steigern. Für ein Handelsunternehmen sind das bspw. Senkung der Kosten, Erhöhung der Marge, Ausweitung des Umsatzes oder Entlassungen etc. Dabei wird den Mitarbeitern schnell klar, welche der Optionen tatsächlich realistische Möglichkeiten darstellen.

Eine sehr eindrucksvolle Alternative bietet eine live Telefon-Schaltung mit Finanzanalysten verschiedener Banken am Tag der RTSC-Konferenz. Die Analysten können, als Vertreter der Anteilseigner, den Teilnehmern dann direkt darlegen, was sie von dem Unternehmen erwarten.

Die Wirkung

Durch diese Sequenz werden Erwartungen in Bezug auf die Möglichkeiten für Aspekte wie z.B. Personalzuwachs, Gehaltssteigerungen oder Aufstiegsmöglichkeiten den Realitäten angepasst. Unrealistische Ideen werden reduziert.

Informationen vermitteln

Markstände / Informationsparcours

Wenn bekannt ist, dass die Mitarbeiter der Organisation zu wenig über die Arbeit der einzelnen Ressorts oder Abteilungen wissen, dann kann die Nutzung von sogenannten „Marktständen“ oder „Stationen“ fehlende Informationen kompakt und anschaulich vermitteln. Das kann zu mehreren Themen gleichzeitig geschehen, wie bspw. über Kunden, Wettbewerber, laufende Projekte, externe Trends oder Aspekte zu einer Reorganisation.

Zwei Optionen haben sich hier bewährt:

  • Alle Teilnehmenden bewegen sich frei von Stand zu Stand
  • oder es werden feste Zeiten (20-30 Minuten) vorgegeben, in denen die Teilnehmer an dem Marktstand verweilen und die angebotenen Präsentationen angeschaut werden.

Anschließend finden sich die Teilnehmer in ihren Arbeitsgruppen zusammen. Je nach Zielstellung tauschen sich die Gruppen „frei“ über das Gesehene aus, oder sie fassen kurz zusammen, welche neuen Informationen sie gesehen haben und welche Maßnahmen daraus folgen müssen.

Damit die Dringlichkeit einer Veränderung hin zu den vorgeschlagenen Zielen von den Mitarbeitern auch wirklich verstanden wird, ist es wichtig, dass die Teilnehmer der Konferenz ein umfassendes Bild der externen Entwicklungen bekommen. Hier ist es sehr effektiv mit Mindmaps zu arbeiten.

Mindmapping –  Variante 1

Die Teilnehmenden versammeln sich vor einer großen Wand und erstellen unter Anleitung der Moderatoren eine große Mindmap zur Frage „Welche Entwicklungen kommen auf uns zu?

In dieser Phase geht es zunächst um „Vielfalt und Masse“, noch nicht um Abstimmung und Konsens.  Daher können die Teilnehmenden nacheinander diejenigen Aspekte benennen, die ihnen persönlich relevant erscheinen und selber bestimmen, welche Zusammenhänge zu den anderen Zweigen der Mindmap bestehen.

Durch die gemeinsame Arbeit wird deutlich, dass im Umfeld viel mehr passiert als jeder Einzelne dachte bzw. wusste. Keiner hätte allein alle Äste aufmalen oder sehen können. Gemeinsam vor einer Wand zu stehen hat den Vorteil, dass jeder jeden einzelnen Ast bzw. Gedanken und damit die Beschreibung des ganzen komplexen Umfeldes erkennt.

Dieser Ansatz ist der Methode „Zukunftskonferenz“ von Marvin Weisbord (2001) entliehen. Eine ausführliche Beschreibung des Formats finden Sie hier.

Mindmapping – Variante 2

Wenn mehr als 80 Personen an der Großgruppenkonferenz beteiligt sind, ist diese Variante nicht mehr gut praktizierbar, da nicht mehr alle Teilnehmer die Mindmap sehen können. Damit geht der Effekt verloren, das Ganze auf einen Blick wahrnehmen zu können.

Unter diesen Umständen werden die Trends im Umfeld in den Arbeitsgruppen unabhängig voneinander erarbeitet. Jede Gruppe wählt für sich die drei wichtigsten Punkte aus und beschäftigt sich mit deren Konsequenzen für die eigene Zukunft. Anschließend werden die Ergebnisse der Arbeitsgruppen im Plenum präsentiert, wobei nach der ersten Präsentation nur noch das vorgestellt wird, was bislang noch nicht gesagt wurde.

Externe Perspektiven zu Wort kommen lassen

Um Entwicklungen des Umfelds zu analysieren hat es sich auch bewährt, anerkannte externe Fachleute in die Konferenz einzuladen. Diese „Vertreter der (systemischen) Umwelt(en)“ stellen aus ihrer Perspektive dar, in welcher Richtung sich das Umfeld bewegen wird und welche Konsequenzen und neuen Anforderungen sich daraus für die Organisation ergeben.

Sinnvolle externe Quellen könnten z.B. sein:

  • Händler
  • Lizenznehmer
  • Lieferanten
  • Partner
  • Unternehmen aus verwandten Branchen, die durch ähnliche Konsolidierungsphasen gegangen sind
  • Gewerkschaften
  • Marktforscher

Ziel dieser Phase ist es, die Teilnehmenden mit einem möglichst breiten Spektrum an ergänzenden Perspektiven „aufzuladen“, um mit den gewonnenen Einsichten die Fragestellungen des Workshops informierter und weitsichtiger beantworten zu können.

Vorträge externer Redner werden oft dankbar aufgenommen, sollten allerdings nicht länger als 10-15 Minuten dauern. Es ist unumgänglich die externen Redner vorher extrem sorgfältig auf diese Kürze sowie auf passenden und klaren Inhalt zu „briefen“.

Dafür müssen die Redner genau wissen, welche Aspekte sie abdecken sollen. Kunden könnte man z.B. dazu einladen darüber zu berichten,

  • Welchen Herausforderungen sie selbst gegenüberstehen,
  • Was sie tun, um diesen Herausforderungen zu begegnen
  • Welche Anforderungen sich daraus künftig an das Unternehmen ergeben,
  • Wie gut diese Anforderungen bereits erfüllt werden.
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Das Gehörte verdauen

Immer dann, wenn geballte Informationen vermittelt werden, ist es wichtig, dass die Teilnehmer die gehörten Informationen im Anschluss verarbeiten können. Dadurch wird das Gehörte besser verinnerlicht und die neuen neuen Informationen können besser in die Realität der Teilnehmenden integriert werden. Dabei können folgende Fragestellungen helfen:

  • Was nehmen Sie aus den Vorträgen mit?
  • Was war „wegweisend“? Welche Schlussfolgerungen ziehen Sie aus den Informationen?

Die Antworten werden entweder im Plenum diskutiert oder es können Fragen an den Vortragenden gestellt werden.

Auch schon während der „Vortrags-Phase“ hat es sich bewährt, nach 2 oder 3 thematisch zusammenhängenden Vorträgen etwas Zeit zur Auswertung zu geben. >> siehe auch unsere Toolbox zu „interaktiven Konferenzen“. <<

Variation: Die „Frage-Antwort-Runde“

Innerhalb der fünfzehn Minuten Bearbeitungszeit können die Teilnehmer auch gebeten werden, sich in der Gruppe eine oder zwei Fragen zu überlegen, die sie dem Redner stellen wollen. Die Gruppen wählen einen Sprecher, und alle tragen nacheinander die vereinbarte Frage vor.

Für die „Frage-Antwort-Runde“ stehen dann etwa 30 bis 45 Minuten zu Verfügung.

Durchführungstipps:

  • Mehr als 45 Minuten Zeit für eine solche Sequenz empfehlen wir nicht, da danach meist die Aufmerksamkeit im Plenum nachlässt.
  • Insbesondere angesichts einer großen Teilnehmerzahl sollten die Moderatoren darauf achten, dass zumindest aus allen Teilen des Raumes Arbeitsgruppen ihre Frage stellen können. Zehn Minuten vor Ende wird dann von den Moderatoren gefragt, ob eine Gruppe noch eine besonders wichtige Frage hat. Das hat den Effekt, dass behutsam auf das Ende der Frage-Antwort-Runde vorbereitet wird.
  • Durch das Erarbeiten der Fragen in der Gruppe und das Vortragen durch einen gewählten Sprecher wird vermieden, dass einzelne Personen das Plenum missbrauchen, um ihre persönlichen Anliegen vorzubringen.
  • Es hat sich bewährt, die Fragen in Kleingruppen vorbereiten zu lassen, da so der Prozess der Frage-Antwortrunde schneller in Gang kommt. Außerdem werden so leichter mutige Fragen gestellt, da sie inhaltlich von der „ganzen Gruppe“ kommen und nicht zwingend die Haltung des Sprechers repräsentieren.

Der Schritt der Frage-Antwort-Runde kann auch wirksam sein, wenn dieser nicht nur mit Externen, sondern auch mit der eigenen Leitung durchführt wird.

Allerdings ist dabei zu berücksichtigen, dass ein Machtgefälle zwischen Führungskräften und „normalen Teilnehmenden“ herrscht. Dieses wird nicht selten zusätzlich noch durch eine „Bühnensituation“ befördert (die wir daher in solchen Settings gerne vermeiden).

Damit die Teilnehmer eine unbefriedigende Antwort nicht einfach hinnehmen, müssen die Moderatoren durch Nachfragen immer wieder prüfen, ob die gestellten Fragen auch tatsächlich zufriedenstellend beantwortet wurden und nicht „um den heißen Brei herumgeredet“ wird.

Durchführungstipps:

  • Authentizität wirkt: Der Redner wird vorher gebeten sehr offen zu antworten und auch zu sagen, wenn er etwas nicht weiß und klar zu begründen, warum bestimmte Wünsche nicht erfüllt werden können.
  • Die Führungsperson, die Rede und Antwort steht, sollte sich auf typisch unbequeme Fragen vorbereiten, um nicht unnötig überrumpelt zu werden. Hier hat die Planungsgruppe im Vorfeld vielleicht schon eine Möglichkeit Hinweise zu finden, wo problematische Themengebiete liegen könnten. „Klassiker“ solcher Fragen sind z.B., warum nicht mehr Personal eingestellt wird oder warum eine bestimmte Aufgabe nicht längst dezentralisiert worden ist, etc.
  • Um zu vermitteln, dass die Führungsperson die Mitarbeiter ernst nimmt, kann sie an dieser Stelle ihr Bedauern äußern und vor allen Dingen transparent darlegen, warum legitime und schon länger bestehende Forderungen (noch) nicht umgesetzt wurden.
  • Sofern Themen in der Zukunft umgesetzt werden sollen, empfehlen wir, schon jetzt konkrete Daten Anlässe zu benennen, zu denen eine Rückmeldung zum Zwischenstand der Umsetzung erfolgen wird.
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Andere Perspektiven einnehmen

Perspektivwechsel können ein heilsames Mittel sein, um die Welt „mit anderen Augen“ zu betrachten. Als „Klassiker“ unter den systemischen Methoden laden sie dazu ein, ergänzende Sichtweisen in die eigene Realität zu integrieren und somit zu informierteren Einschätzungen und in der Folge dann auch fundierteren Entscheidungen zu gelangen.

Sich in Kunden hineinversetzen

Wenn es um Fragen von Service, Wettbewerb, optimierte Prozesse o.ä. geht, ist es oft nützlich, sich in die Welt derer hineinzubegeben, die letztlich das eigene Gehalt zahlen: Die Kunden.

Dabei wird Mitarbeitern bewusst, wie die Kunden die Produkte oder Dienstleistungen des eigenen Unternehmens erleben, was ihnen positiv auffällt und was gegebenenfalls verbesserungswürdig erscheint.

Zielführende Fragestellungen für eine Gruppenarbeit können z.B. sein:

  • Was tue ich, wenn ich als Kunde ein Problem mit unserem Produkt/unserer Dienstleistung habe? Was erleben unsere Kunden dabei?
  • Wenn wir Kunde wären, wie würden wir gerne von uns als Unternehmen/Dienstleister behandelt werden?
  • Welche Prozesse müssen wir verbessern, damit das „Kundenerlebnis“ deutlich verbessert wird?

Eine bewährte Variante dazu ist auch, ein kurzes Video dazu vorzubereiten. So lassen sich mit einem Film gut die Phasen darstellen, die durchlaufen werden, wenn ein Passagier mit einer Fluglinie fliegt oder auch, was dabei alles schiefgehen kann. Anschließend kann in den Gruppen bearbeitet werden, welche Fehler zu vermeiden sind, damit die Prozesse gut laufen oder welche Möglichkeiten es gibt, die Ablaufprozesse des eigenen Unternehmens zu verbessen.

Wettbewerber spielen

Die Mitbewerber wären nicht selten eine wichtige und interessante Informationsquelle – gerade, wenn es um Fragen der Strategie oder Prozessverbesserungen geht. Die eigenen Wettbewerber lassen sich jedoch aus nachvollziehbaren Gründen nicht gerne „in die Karten schauen“. Und natürlich möchte man sich auch selbst nicht in Phasen der kritischen Selbstuntersuchung die eigene Konkurrenz ins Haus holen.

Gleichwohl stellen Mitbewerber einen besonders wichtigen Teil des Umfeldes einer Organisation dar. Auch hier ergibt sich, ganz ähnlich wie bei Kunden, eine gute Gelegenheit, dass sich die Teilnehmer in ein paar ausgewählte Wettbewerber hineinversetzen, um die Perspektive zu verstehen.

  • Eine bewährte Möglichkeit dazu ist, eine Gruppe (z.B. die Mitglieder der Planungsgruppe) die Rolle der Wettbewerber einnehmen zu lassen und einen Vortrag aus deren Sicht halten.
  • Alternativ können Arbeitsgruppen auch je einen Wettbewerber oder eine Wettbewerbskategorie zu analysieren mit der Arbeitsfrage: „Was müssten unsere Wettbewerber tun, um uns das Geschäft streitig zu machen?“

Die Basis zu Wort kommen lassen

Insbesondere bei großen Organisationen kommt es nicht selten vor, dass sich die Führungskräfte weit von der „Basis“ entfernt haben. Wenn eine RTSC-Konferenz nur mit Führungskräften durchgeführt wird, dann kann es sinnvoll sein, diese mit der „Realität der Basis“ in ihrer Organisation zu konfrontieren. Nicht selten „leidet“ die Basis unter unzureichenden Hilfsmitteln, fehlerhaft gesetzten Anreizen oder anderen Faktoren, welche die Führungskräfte nur noch unzureichend oder gar nicht wahrnehmen.

Hier gibt mehrere Möglichkeiten diesen Schritt zu gestalten:

  • Entweder es werden zwei Mitarbeiter gebeten, für eine bestimmte Zeit in jede Arbeitsgruppe zu kommen.
  • Oder eine kleine Gruppe von Mitarbeitern kann ihr Erleben der Organisation in kurzen Vorträgen oder Sketchen darstellen. Wichtig ist dabei jedoch, dass in dieser Phase keine Vorwürfe kommuniziert werden, sondern nur dargestellt wird, mit welchen Schwierigkeiten „die Mannschaft“ in ihrem Arbeitsalltag konfrontiert ist.

Die Vergangenheit auswerten

Stolz und Bedauern

Dieser Arbeitsschritt stammt ursprünglich aus dem Großgruppenformat „Future Search“ von Marvin Weisbord und Sandra Janoff.

In RTSC-Konferenzen bedeutet die Anwendung des Schritts „Stolz und Bedauern“, dass die Teilnehmer in ihren Heimatgruppen zusammengesetzt und anschließend gebeten werden, Aussagen darüber zu machen, auf welche Leistungen sie in ihrer Abteilung (Ressort, Gruppe u.a.) stolz sind und welche Versäumnisse sie bedauern.

Das ist eine etwas kniffelige Aufgabe, da es hier nicht darum geht, mit dem Finger auf andere zu zeigen und zu sagen, was andere „falsch“ gemacht haben, sondern was die „Heimatgruppen“ an ihrem eigenen Verhalten bedauern. Daher muss die Moderation sehr darauf achten, dass hier keine „versteckten“ Vorwürfe gemacht werden, denn nur so wird tatsächlich Verantwortung für eigene Versäumnisse übernommen.

Dieser Schritt sollte nur durchgeführt werden, wenn alle Gruppen ihre Ergebnisse präsentieren können. Das ist bei mehr als 80 Teilnehmenden in der Regel nicht praktikabel. Ein Ausweg wäre hier, die Ergebnisse in einem Info-Markt darstellen zu lassen, in dem alle Beteiligten herumgehen und sich an den einzelnen Ständen informieren können.

Durch diese Sequenz wird den Mitarbeitern bewusst, wie ähnlich ihre grundsätzlichen Werte sind. Denn auf etwas stolz zu sein oder auch Bedauern über die Abwesenheit von etwas zu zeigen, deckt auf, was den Mitarbeitern gemeinsam wertvoll ist.

Potenziale bei uns und anderen

Diese Variation von Stolz und Bedauern kann dann sinnvoll sein, wenn es in einer Organisation mehrere Berufs- oder Funktionsgruppen gibt (z.B. Ärzte, Pfleger in einem Krankenhaus oder Linienvorgesetzte und Projektleiter in einem Industrieunternehmen).

Das Vorgehen:

  • Die Funktionsgruppen erarbeiten, was ihnen der Beitrag ihrer Gruppe im Ganzen bedeutet und was sie sich von den anderen Funktionsgruppen wünschen.

Kritik an anderen Funktionseinheiten ist zu vermeiden. Im Mittelpunkt steht wie bei „Stolz und Bedauern“ die Analyse, was für das Funktionieren der Organisation wichtig ist und wie man die jetzige Arbeit für alle verbessern kann.

Glads.Sads.Mads

In bestimmten Situationen kann es notwendig sein, in einer RTSC-Konferenz ausgewählte Themen anzusprechen, welche die Mitglieder in einer Organisation froh (glad), traurig (sad) und wahnsinnig (mad) machen. Dieses Wortspiel geht auf Dannemiller Tyson Associates zurück.

Das können Themen sein wie z.B.:

  • Belohnungen/Anerkennung
  • Training
  • Entscheidungswege/Entscheidungsfindung
  • Qualitätsmanagement
  • Personalentwicklung/Karrierewege
  • Planung und Budgetierung
  • Investitionsplanung
  • Werkzeuge

Die Themen sollten von der Planungsgruppe vor der Konferenz ausgewählt und vorbereitet werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die gewählten Aspekte mit dem Oberthema der Konferenz übereinstimmt und möglichst alle Teilnehmer betrifft.

Wenn es mehr Arbeitsgruppen als Themen gibt, gibt es zwei Optionen:

  • Mehrere Tische arbeiten am gleichen „Glad.Sad.Mad“-Thema. Zum Ende der Bearbeitungszeit werden die Gruppen mit dem gleichen Thema gebeten, ihre Ergebnisse zusammenzuführen, um pro Thema eine gemeinsame Präsentation zu haben.
  • Die verfügbaren Themen werden auf Papierstreifen geschrieben, und zwar so, dass es mehr Streifen als Stuhlkreise gibt (max. 30% mehr). Nachdem die Papierstreifen an eine Pinnwand geheftet wurden, wählen die Arbeitsgruppen einen „Sprinter“, der dann auf ein Zeichen nach vorne sprintet, um seiner Gruppe ein Thema zu ergattern. Meist geschieht dies mit großem „Hallo“ und trägt zu einer positiven Gruppendynamik bei.

Neben den Stärken können auch Defizite der Organisation sichtbar werden. Um den Teilnehmenden nicht die „Energie“ für die Konferenz zu rauben, ist darauf zu achten, dass das Selbstwertgefühl der Belegschaft nicht angegriffen wird. Diese Gefahr kann man „umschiffen“, indem man diejenigen Themen, welche vor allem Defizite aufdecken, stark eingrenzt und in erster Linie solche bearbeiten lässt, die von sachlicher und nicht kultureller Art sind. So entsteht keine Möglichkeit über „alles und jeden zu meckern“.

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Mit schnellem Filter nach Branchen und Themen

Fakten analysieren

Um den Wissenszuwachs in den Gruppen zu erhöhen, kann es hilfreich sein, haben einer Informations- auch eine Analysephase einzuplanen.

Schriftliches Material untersuchen

Das Planungsteam sucht vor der Konferenz Material heraus, welches dann von den Gruppen analysiert und bearbeitet wird. Das können z.B. Quellen sein wie

In Kleingruppen werden passende Fragestellungen bearbeitet und die jeweils drei wichtigsten Kernerkenntnisse ins Plenum zurückgemeldet.

Einen Prozess untersuchen

In einer RTSC-Konferenz kann auch die Überarbeitung eines bestimmten Prozesses im Mittelpunkt stehen. Hier ist es besonders effektiv, wenn der Prozess in sinnvolle Abschnitte gegliedert und von den Arbeitsgruppen analysiert wird. Am Ende entsteht ein Flussdiagramm des Ablaufs an einer Pinnwand, wo von den Gruppen markiert werden kann, an welcher Stelle es immer wieder Probleme gibt.

Dann kann beispielsweise sein:

  • Akquisition bis Auftragseingang
  • Auftragseingang bis technisch und kaufmännisch geklärter Auftrag
  • Geklärter Auftrag bis Werksabnahme
  • Werksabnahme

Für die „Problemzonen“ des Prozesses können dann im weiteren Prozess Lösungen erarbeitet werden.

Das eigene System analysieren

Kraftfeldanalyse

Alle Organisationen und Unternehmen sind nicht nur funktionale Einheiten – sie sind auch soziale Systeme, in denen unterschiedliche Einflussfaktoren (sogenannte „Kraftfelder“) wirken. Zu diesen Einflussfaktoren gehören beispielsweise offizielle Regularien, inoffizielle Handhabungen, Machtzentren, ungeschriebene Gesetze oder einflussreiche Persönlichkeiten.

Um Veränderungen nachhaltig umzusetzen, kann es sinnvoll sein, diese „Kraftfelder“ zu analysieren, um auf diese Weise „die längsten Hebel“ zu identifizieren, an denen die Organisation ansetzen müsste, um nachhaltige und dauerhafte Veränderungen zu bewirken.

Die Arbeitsfragen dazu könnten lauten:

  • Welche Kraftfelder sehen Sie in Bezug auf [unser Thema]?
  • Welche davon sind förderlich, welche hinderlich?
  • Wie müsste man das Kraftfeld ändern, damit wir [unser Thema] umsetzen können?

Dafür werden zunächst die unterschiedlichen Einflussgrößen gesammelt, dann priorisiert, und anschließend an einer großen Wand präsentiert.

Die eigene Kultur karikieren und neu entwerfen

In diesem Schritt werden die Arbeitsgruppen gebeten, die inoffizielle „Spielregeln“ und Verhaltensweisen zu sammeln.

Die Gruppen werden dann gebeten, diejenigen Spielregeln, die dem gemeinsamen Veränderungsvorhaben im Wege stehen, in einem kurzen Sketch darzustellen. Innerhalb einer Stunde können gut 20 Gruppen nacheinander präsentieren, ohne dass der großen Gruppe langweilig wird.

Nachdem die eigene Kultur durch die Präsentationen „aufs Korn genommen“ wurde, werden die Teilnehmer gebeten, in den Gruppen drei neue, konstruktive Spielregeln auszudenken und diese auf einem Flipchart zu notieren. Anschließend werden die Flipcharts auf dem Boden im Raum verteilt und die Teilnehmer angewiesen durch den Raum zu gehen, um diejenigen Spielregeln mit kleinen Klebepunkten zu gewichten, welche ihnen persönlich am wichtigsten sind. Eine kleine Gruppe wertet diese Gewichtung anschließend aus und fast die Ergebnisse zusammen.

Durchführungstipps

  • Die Darstellung von Problemen in Sketchen macht viel Spaß und ist nicht selten ein Höhepunkt einer RTSC-Konferenz. Oft kommt der ganze Raum während dieser Zeit aus dem Lachen nicht heraus. Diese Bearbeitung ist in so gut wie allen Unternehmenskulturen gut anschlussfähig, auch für Führungskräfte.
  • Das oben angesprochene Problem der Aufdeckung von Defiziten, welche das Selbstbild der Teilnehmer angreifen und die Energie der Gruppe rauben könnte, wird auf diese spielerische Art und Weise nicht zur Komplikation. Im Gegenteil lässt die meist gute Stimmung die Energie im Raum steigen.
  • Wenn die RTSC-Konferenz größer ist und sich mehr als 20 Arbeitskreise im Raum befinden, dann werden diejenigen gebeten zu präsentieren, die gerne möchten. So werden viele gute Sketche gezeigt und nach ca. 50 Minuten lässt der Wunsch zu präsentieren, erfahrungsgemäß, selbstständig bei den Teilnehmern nach.
  • Um den Teilnehmern den Einstieg zu erleichtern und anzuspornen, kann die Planungsgruppe vor der Konferenz einen kurzen Sketch erarbeiten und diesen als Erstes präsentieren.

Szenario

Was passiert, wenn nichts passiert

Dieses Element setzen wir gerne ein, wenn die Situation der Organisation aktuell besonders dramatisch ist. In dieser Sequenz bearbeiten die Teilnehmenden folgende Aufgabe:

  • „Was geschieht mit uns, wenn wir nichts unternehmen?“
  • Präsentieren Sie die drei wichtigsten Erkenntnisse im Plenum (2 Minuten)

Es ist nicht unbedingt empfehlenswert, diese Szenarien in einer „Frontal-Präsentation“ vom Vorstand oder anderen Top-Führungskräften präsentieren zu lassen. Das könnte schnell zum Eindruck eines „erhobenen Zeigefinger“ führen, der bei den meisten Mitarbeitern eher das Gegenteil bewirkt. Durch die Eigenarbeit der Mitarbeiter ist die „Apokalypse“ sehr schnell ausgemalt, mit dem Effekt, dass diese dann auch von jedem vermieden werden will.

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Weitere Artikel und Quellen zu Workshop-Methoden

In dieser Artikelserie sind folgende weitere Artikel erschienen:

“Quellen“

Bonsen, Matthias zur (2003): Real Time Strategic Change. Schneller Wandel mit großen Gruppen. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart

Dannemiller Tyson Associates (2000): Whole-Scale-Change: Unleashing the Magic in Organizations. Berrett-Koehler Publishers, San Fransisco

Weisbord, Marvin; Janoff, Sandra (2001): Future Search – Die Zukunftskonferenz. Klett-Cotta Verlag, Stuttgart

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