Inhaltsverzeichnis:
Gründe für einen Abbruch
Versuchung: Einschlafen-Lassen
Wenn Projekte in eine Krise geraten sind, gleich ob sie mit ihrer Aufgabe nicht mehr weiterkommen oder ob sie sich an internen Widerständen aufreiben, ist die Versuchung groß, sie “sanft einschlafen zu lassen”. Das sieht kurzfristig nach einer bestechenden Lösung aus: Es wird keine schmutzige Wäsche gewaschen, niemand verliert das Gesicht, es gibt keinen Ärger. Doch die kurzfristige Lösung wird mittel- bis langfristig zum Problem. Denn gescheiterte, abgewürgte oder versandete Projekte wirken als Altlast für alle künftigen.
Entmutigung
Sie sind eine Entmutigung für die Projektteams und insbesondere für die Projektleiter, die ja sowohl in ihren eigenen Augen als auch in denen ihrer Vorgesetzten und Kollegen gescheitert sind und an diesem Makel oft bis zum Verlassen des Unternehmens und darüber hinaus leiden. Darüber hinaus sind sie aber – insbesondere wenn so etwas häufiger vorkommt – eine Warnung an alle engagierten und ehrgeizigen Mitarbeiter, sich von künftigen Projekten möglichst weit fern zu halten.
Altlasten und ihre Symptome
Solche Altlasten machen sich dann zum Beispiel beim Start neuer Projekte bemerkbar. Klassische Symptome – und ein Alarmsignal für erfahrene Berater! – sind die Schwierigkeit, Projekte mit qualifizierten Mitarbeitern zu besetzen sowie die geringe Motivation der schließlich doch benannten Teammitglieder, die in erster Linie bemüht sind, sich so rasch wie möglich wieder abzuseilen. Wo diese Symptome auftreten, kann man ziemlich sicher sein, dass das Unternehmen, was das Schicksal früherer Projekte betrifft, einige Leichen im Keller hat.
Wie Sie vorgehen, wenn ein Projektabbruch dennoch sein muss
Sauberer Abschluss
Wenn Sie sich entschieden haben, ein Projekt abzubrechen, dann lassen Sie es nicht einschlafen oder am ausgestreckten Arm verhungern, sondern beenden Sie es offiziell und explizit. Dazu gehört als erstes ein offenes Vier-Augen-Gespräch mit dem Projektleiter – nicht, um dem armen Kerl, der an der verfahrenen Situation vermutlich schon genug leidet, den Kopf zu waschen, sondern um ihn als den Hauptbetroffenen als Ersten über Ihre Entscheidung zu informieren. Wenn Sie sich noch nicht hundertprozentig sicher sind, können Sie in einem solchen Gespräch auch noch einmal überprüfen, ob das Projekt vielleicht doch noch durch einen Relaunch zu retten ist.
Gespräch mit Projektteam
Als nächstes steht ein Gespräch mit dem Projektteam an. Hier geht es darum, ungeschminkt die Wahrheit zu sagen, ohne direkte oder indirekte Vorwürfe zu machen oder Schuldzuweisungen vorzunehmen. Vermutlich müssen Sie das Team eher trösten und aufbauen: Selbst wenn es schwere Fehler gemacht haben sollte, würde es Ihnen wenig nützen, die Zahl Ihrer entmutigten Mitarbeiter zu vergrößern.
Offizielle Mitteilung
Der letzte Schritt ist schließlich eine kurze Information der internen Stellen, die von dem Projekt und seiner Beendigung betroffen sind. Dafür genügt in der Regel ein Zweizeiler: “Das Projekt XY wird in Rücksprache mit dem Projektteam eingestellt, weil die Projektziele aus heutiger Sicht nicht mehr sinnvoll / nicht mehr erreichbar sind.” Das wird im Allgemeinen keine große Aufregung auslösen, sondern allenfalls ein paar Rückfragen bei Ihnen oder bei Mitgliedern des Projekts.
Schadens-begrenzung
Natürlich macht auch ein sorgfältiges und professionelles Vorgehen den Projektabbruch nicht zu einem freudigen Ereignis. Aber wenigstens sind sie mit dem Projekt und vor allem mit den betroffenen Personen auf faire und anständige Weise umgegangen. Was die Enttäuschung und Entmutigung zwar nicht aufhebt, aber reduziert. Das heißt, es geht hier in erster Linie um Schadensbegrenzung.
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Über den Autor
Winfried Berner ist Autor von zahlreichen Fachbüchern zu den Themen Change-Management, gezieltem Kulturwandel, Post-Merger Integration und anderen Themen der Organisationsentwicklung. Seit 2024 ist sein Unternehmen Teil der initio Organisationsberatung.