HomeMethoden & WissenVeränderungsstrategieZielklarheit: Was genau soll erreicht werden und welchen Nutzen hätte es?
Für erfolgreiches Change Management gibt es kaum etwas Wichtigeres
als die Klarheit der übergeordneten Ziele und des Nutzens, den das
Projekt bringen soll. Denn jedes größere Veränderungsvorhaben erlebt
früher oder später seine Durststecken
und Krisen. Wenn dann
die Ziele und der Nutzen des Projekts nicht glasklar sind, sind
sie kaum zu überstehen.

Klarheit über Ziele und Nutzen

Der Keim des Scheiterns

Der Schwung des Aufbruchs ist häufig ausgerechnet dann verflogen, wenn nach ein paar Wochen oder Monaten die ersten größeren Probleme auftauchen. Wenn zu den Problemen und der parallel dazu wachsenden Kritik auch noch eine “Sinnkrise” kommt, also ausgesprochene oder unausgesprochene Zweifel am Nutzen des ganzen Unterfangens, dann sieht es düster aus. Oft folgt dann zwar noch eine “heroische Phase”, in der versucht wird, das Projekt mit Durchhalteparolen zu retten. Doch aus Durchhalteparolen entsteht keine Energie; früher oder später wird das Projekt doch abgebrochen, oder – häufiger – man “lässt es sanft einschlafen”.

Schlüsselfragen

Es ist deshalb extrem wichtig, schon bei der Planung eines Projekts eine befriedigende Antwort auf drei Frage zu geben:
  • Warum fangen wir dieses Vorhaben überhaupt an, obwohl wir so viele andere Dinge zu tun haben?
  • Welchen konkreten geschäftlichen Nutzen soll es bringen? Welche meßbaren oder zumindest nachprüfbaren Vorteile hätte es, wenn das erreicht wäre? Welchen strategischen Nutzen würde uns das bringen?
  • Ist es die sowohl die absehbaren als auch die noch nciht absehbaren Mühen, Anstrengungen und Konflikte wirklich wert?

Dauerhafte Energiequelle

Dauerhafte Energiequelle

Projekte, für die obige Fragen nicht befriedigend beantwortet werden können, sollten am besten gar nicht erst gestartet werden. Denn jedes Veränderungsvorhaben braucht eine dauerhafte Energiequelle, damit es auch Krisen, Konflikte und Schwierigkeiten überstehen kann. Eine spontane Idee, die allgemeine Begeisterung auslöst, reicht dafür nicht aus. Spontane Begeisterung kann kurzfristig sehr viel Energie mobilisieren, doch diese Energie verfliegt mit der Zeit, sie hält nicht auf Dauer vor. Die beste dauerhafte Energiequelle liegt im betriebswirtschaftlichen und/oder strategischen Nutzen des Vorhabens.

Nutzen klar bestimmen

Deshalb ist es wichtig, jedes Projekt, bevor es gestartet wird, eingehend auf seinen betriebswirtschaftlichen oder strategischen Nutzen abzuklopfen. Zwar lässt sich nicht alles in Mark und Pfennig beziffern; auch qualitative Gründe können ausschlaggebend für die Durchführung eines Projekts sein. Allerdings nur, wenn sie erstens tatsächlich vorhanden und zweitens ausreichend stark sind. “Eigentlich wäre es toll, wenn wir …” ist keine Begründung, die ernstlichen Belastungen standhalten wird – denken Sie an die vielen entsprechenden Wunschvorstellungen im privaten Bereich. Die Wahrscheinlichkeit, solche Ideen zu realisieren, ist um so geringer, je mehr Anstrengung und Beharrlichkeit sie erfordern und je mehr Widerstand sie auslösen.

Begeisterung ist ein flüchtig Ding

Das Kernproblem ist in der Praxis, dass viele Projekte aus einem emotionalen Konsens heraus geboren werden: Man begeistert sich im Management gemeinsam für eine Idee, die im Augenblick der Diskussion hoch plausibel erscheint – und aus dieser Begeisterung heraus werden Aktionen und Projekte in Gang gesetzt. Doch ein paar Wochen später, wenn erste größere Schwierigkeiten auftauchen, ist von der ursprünglichen Begeisterung nicht mehr viel übrig. Man erinnert sich zwar noch an die damalige Stimmung, kann sich aber beim besten Willen nicht mehr erinnern, warum man das damals für eine so großartige Idee hielt, und zweifelt leise daran, dass man seinerzeit ganz klar bei Sinnen war. Begeisterung ist ein flüchtig Ding: Sie verblasst und lässt sich nicht beliebig wieder herstellen.

Beitrag zu übergeordneten Zielen

Für erfolgreiche Veränderung ist mehr erforderlich als eine Euphorie mit begrenzter Halbwertszeit: Sie benötigt nicht nur einen emotionalen, sondern auch einen rationalen Konsens – und das heißt in erster Linie, eine Anbindung an übergeordnete Ziele, Strategien und Werte. Nur wenn das Projekt ein unverzichtbarer Meilenstein auf dem Weg zu einem solchen übergeordneten Ziel ist, lässt sich aus diesem Ziel immer wieder neu Energie mobilisieren, um Schwierigkeiten zu überstehen und weiter zu kämpfen.

Biblisches Change Management

Ein Bravourstück in Sachen Zielklarheit ist die biblische Geschichte von der Reise ins Gelobte Land: Wäre spontane Begeisterung die einzige Energiequelle gewesen, wäre der lange Marsch durch die Wüste mit Sicherheit gescheitert – spätestens nach ein paar Tagen voller Hitze, Durst und anderen Strapazen hätten die Ersten zu meutern begonnen oder wären wieder umgekehrt. Dass es gelang, die Leute dafür zu gewinnen, trotz aller Schwierigkeiten und Entbehrungen 40 Jahre lang durch die Wüste zu ziehen, zeigt, dass das damalige “Management” sowohl eine klare und überzeugende Vision gehabt haben muss als auch glasklare Vorstellungen von dem letztlichen Nutzen des Großprojekts – als auch eine exzellente Kommunikation sowie die Fähigkeit, Krisen und Konflikte durchzustehen.

Fundierte Investitionsentscheidung

Sorgfältige Vorbereitung

Mit dem Beschluss, ein Change Management-Projekt zu starten, treffen Sie letztlich eine Investitionsentscheidung – und zwar eine, mit der Sie nicht nur Geld in den Sand setzen können, sondern auch Motivation und Vertrauen. Letztlich setzen Sie damit Ihre persönliche Glaubwürdigkeit und Reputation ein, mit der Chance, sie zu mehren, aber auch mit dem Risiko, sie zu verspielen. Deshalb muss die Entscheidung mit großer Sorgfalt vorbereitet werden. Genau wie niemand aus einem spontanen Entschluss heraus eine Fertigungsanlage kaufen oder ein neues Werk bauen würde, sollten Sie auch bei einem Change Management-Vorhaben zunächst prüfen, “ob sich die Sache rechnet” und ob Sie auch die erforderliche Macht besitzen, sie zum Erfolg zu führen.

Investitions-rechnung

Dazu ist ein Konzept erforderlich, das, ähnlich wie ein Investitionsantrag, Aussagen zu Aufwand und Nutzen, Chancen und Risiken und letzten Endes zum Return on Investment macht. Natürlich muss man dafür einige Annahmen machen, die letztlich hypothetisch sind – aber das muss man für jede andere Investitionsrechnung auch. Mag sein, dass die Kosten- und Nutzenschätzung bei technischen Investitionen leichter fällt. Aber das ist wohl primär eine Frage der Erfahrung. Oftmals wird es sinnvoll sein, verschiedene Szenarien zu rechnen.

Qualitativer Nutzen

Wenn die Bezifferung des Nutzens schwierig ist, weil er vor allem qualitativer oder strategischer Natur ist, können Sie auf ein etwas anderes Vorgehen zurückgreifen: Gehen Sie dann von den voraussichtlichen Kosten des Vorhabens aus und fragen sich, welchen Nutzen die Investition mindestens bringen müsste, um sich bei angemessener Verzinsung zu rentieren. Auch wenn sich der Nutzen nicht genau quantifizieren lässt, lässt sich auf diese Weise meistens abschätzen, ob er deutlich höher oder niedriger als die erforderliche Investition ist.

Blockade anderer Großprojekte

Noch aus einem weiteren Grund sollten Sie streng prüfen, ob das Veränderungsvorhaben den nötigen Einsatz an Zeit, Kosten und Nerven wirklich wert ist: Ein größeres Change Management-Vorhaben bindet das Unternehmen für ein bis zwei Jahre. Damit blockiert es weitgehend die Möglichkeit für andere große Veränderungsprojekte. Das heißt in der Konsequenz, dass Sie ein größeres Veränderungsvorhaben nur dann starten sollten, wenn Sie sicher sind, dass es wirkllich die Top-Priorität unter den derzeit anstehenden Themen hat und es bei realistischer Betrachtung für die voraussichtliche Projektdauer behalten kann. Sonst kann die extrem demotivierende Situation entstehen, dass das halbfertige Projekt, bevor seine Früchte geerntet werden können, von dem nächsten Großprojekt “überrollt” und faktisch auf die Seite gedrängt wird.

Nutzenprüfung

Die entscheidenden Fragen für die Nutzenprüfung sind:
  • Welchen langfristigen Nutzen / Wettbewerbsvorteil bringt das Projekt für das Unternehmen? Lässt sich dieser Nutzen quanfizieren oder wenigstens abschätzen?
  • Welche Kosten / welchen Aufwand entstehen voraussichtlich bei der Realisierung?
  • In Konkurrenz zu welchen anderen Veränderungsnotwendigkeiten (aktuell oder in naher Zukunft) steht das Projekt?
  • Welchen dauerhaften Nachteil hätten wir, wenn wir dieses Projekt nicht durchführen würden?
  • Welchen betriebswirtschaftlichen oder strategischen Wert hätte es, wenn wir es erfolgreich realisiert würden?
  • Welchen Preis der Durchsetzung ist es uns wert? In welchem Ausmaß sind wir nötigenfalls bereit und in der Lage, auch Konflikte mit wichtigen Leistungsträgern (den “erfolgreichen Regelignoranten”) durchzustehen?

Tragfähigen Zielkonsens herbeiführen

Ebenso wichtig wie die Klarheit der Ziele ist ein breiter Zielkonsens in den wesentlichen Entscheidungsgremien. Denn am Ende ist es nicht damit getan, dass Sie persönlich von dem Nutzen Ihres Vorhabens überzeugt sind: Sie müssen auch Ihr Management-Team davon überzeugen. Das gilt selbst dann, wenn Sie sehr weitreichende Machtbefugnisse haben, aber erst recht, wenn Sie Ihre Ziele nur mit der Rückendeckung und Unterstützung Ihrer Kollegen realisieren können. Lesen Sie unter dem Stichwort Zielkonsens, wie Sie einen tragfähigen Konsens in Ihrem Management-Team herbeiführen.

Verwandte Themen: Zielkonsens Emotionaler Konsens Rationaler Konsens Veränderungsstrategie Macht

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Über den Autor

Winfried Berner ist Autor von zahlreichen Fachbüchern zu den Themen Change-Management, gezieltem Kulturwandel, Post-Merger Integration und anderen Themen der Organisationsentwicklung. Seit 2024 ist sein Unternehmen Teil der initio Organisationsberatung. 

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