HomeMethoden & WissenChange ManagementChange ManagementChange Management Beispiel aus der Automobilindustrie
Veränderungsprozesse sind besonders dann erfolgreich, wenn sie auf mehreren Ebenen einer Organisation greifen und gesteuert werden. In diesem Artikel schildern wir ein Change Management Beispiel aus der Automobilindustrie, das durch mehrere begleitende Maßnahmen eine hohe und schnelle Wirksamkeit entfaltet hat.

Dieses Beispiel für einen gelungenen Change Prozess ist als Interview in der Mitarbeiterzeitschrift WEBERReport des automotive Mittelständlers “Weber Hydraulik” erschienen. Der WEBERReport sprach dazu mit Florian Grolman, Senior Partner bei initio, und Michael Kleist , dem Personalleiter der WEBER-HYDRAULIK Gruppe.

Herr Grolman, schon immer unterliegen Unternehmen Veränderungsprozessen. Wie laufen solche Prozesse ab? Gibt es da Unterschiede?

Grolman: Grundsätzlich unterscheidet man zwischen einem revolutionärem und einem evolutionärem Wandel. Bei einem evolutionären Veränderungsprozess vollzieht sich ein Wandel eher langsam in kleinen Schritten. Bei einem revolutionären Wandel werden sehr viele Veränderungsprozesse in einem relativ kurzen Zeitraum angestoßen. Evolutionärer Wandel wird von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern weitgehend akzeptiert. Es ist ein fortlaufender Prozess, mit dem die meisten Menschen leben können.

Bei einem revolutionären Wandel ist dies häufig schwieriger. Wenn sich vieles gleichzeitig grundlegend ändert, sind viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zunächst einmal überfordert mitzukommen. Sie sind verunsichert, teilweise desorientiert, viele haben auch schlichtweg Angst, nicht mehr zurechtzukommen und den Anforderungen nicht mehr entsprechen zu können.

Herr Kleist, ist der Wandel bei WEBER-HYDRAULIK evolutionär oder revolutionär?

Kleist: Sowohl als auch. Im Rahmen des Kontinuierlichen Verbesserungsprozesses (KVP) und den Optimierungen auf der Basis unseres WEBER-Produktionssystems (WPS) erfolgt ein ständiger, evolutionärer Wandel.

Der Umbau unserer gesamten Organisationsstruktur, die Bildung von Business Units und die Organisation der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Standorten, der Aufbau neuer Vertriebsstrukturen, die Initiierung und Festigung einer standortübergreifenden Unternehmenskultur über die Core Values, der Aufbau eines kunden- und zukunftsorientierten Innovationsmanagements, die Neuausrichtung des Unternehmens als Systemanbieter für hydraulische Lösungen oder der Auftritt der Gruppe nach außen als attraktiver Arbeitgeber, um nur einige der wichtigsten Veränderungen zu nennen – und das alles in einem relativ kurzen Zeitraum, das hat durchaus revolutionären Charakter.

Herr Grolman, wie reagieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei revolutionären Veränderungen?

Grolman: Sehr unterschiedlich. Nur wenige stehen Veränderungen ohne Vorbehalte gegenüber oder sehen sie sogar als Chance. Meist sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erst mal überrascht; für viele sind Veränderungen unbequem, vor allem dann, wenn sie sich von liebgewonnenen Gewohnheiten verabschieden müssen oder sie empfinden die Veränderungen als beängstigend und bedrohend aus Angst vor dem Verlust von Prestige oder Verantwortung. Die natürliche Reaktion ist dann erst einmal Widerstand.

Generell lassen sich drei Arten von Widerstand unterscheiden: rationaler Widerstand, der sich auf logische Argumente gegen den Wandel bezieht, politischer Widerstand, der durch die Angst entsteht, Macht und Einfluss zu verlieren und emotionaler Widerstand, der sich weniger aus konkreten Befürchtungen sondern mehr aus einem Angstgefühl vor der Veränderung an sich entwickelt.

Welche Ängste können das ganz konkret sein?

Grolman : Da ist erst einmal die Angst vor zusätzlicher Arbeit oder die Angst vor persönlicher Herabsetzung beispielsweise durch weniger Gehalt oder dem Verlust von Kompetenzen zu nennen. Es kann aber auch fehlendes Problemverständnis der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vorliegen. Oft sorgt auch mangelhafte Kommunikation für Unruhe und Widerstand, wenn die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht ausreichend über den Wandel informiert werden. Manchmal fehlt auch das Vertrauen in die Führungskräfte und die Geschäftsleitung oder die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beteiligen sich einfach nicht aktiv am Wandel und sind nur passive Beobachter. Dafür kann auch ein Zielkonflikt verantwortlich sein, wenn sich die neuen Unternehmensziele nicht mit den eigenen Zielen decken. Auch schlechte Vorerfahrungen mit vorangegangenen Change-Prozessen oder Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes können eine große Rolle spielen.

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Herr Kleist, bei WEBER-HYDRAULIK hat sich in den letzten zwei Jahren sehr viel geändert. Ist das alles reibungslos verlaufen oder hat es Widerstände gegeben?

Kleist: Natürlich ist nicht alles, was wir in den letzten Jahren angepackt haben, reibungslos verlaufen. Das ist aber auch ganz normal. Auch Zurückhaltung gegenüber der Veränderung und Widerstände hat es gegeben und gibt es auch weiterhin. WEBER-HYDRAULIK ist ja sehr schnell gewachsen. Quasi von heute auf morgen ist aus dem regional verwurzelten Traditionsunternehmen ein Global Player mit Produktionsstätten auf vier Kontinenten mit unterschiedlichen Kulturen, Mentalitäten, Arbeitsweisen und Arbeitsauffassungen geworden. Bei solch großen Unterschieden als Gruppe zusammenzuwachsen, standortübergreifend zusammenzuarbeiten und ein gemeinsames Verständnis auf allen Ebenen zu etablieren, das ist eine riesige Aufgabe. Wir haben unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dabei mit sehr viel Neuem konfrontiert und manchmal bis an die Grenze gefordert. Das war und ist auch weiterhin nicht einfach und hat natürlich viele verunsichert und teilweise auch verängstigt.

Was wir aus den sehr bewegten zurückliegenden Monaten gelernt haben, ist vor allem, auch Geduld zu üben und immer wieder zu erklären, was gerade passiert und warum wir dies machen. Nur wenn wir intensiv kommunizieren, können wir die Kolleginnen und Kollegen für den Wandel begeistern und „mitnehmen“

Dabei ist es wichtig, die Notwendigkeit für den Wandel bewusst zu machen und darauf hinzuwirken, dass wir uns über die Abteilungs- aber auch die Ländergrenzen hinweg als Gruppe verstehen.

Erster Schritt war hier eine einheitliche Unternehmenskultur, um einen WEBER-Spirit aufzubauen. Die Einführung der Core Values war schon ein regelrechter Quantensprung in der Unternehmensgeschichte und die Initialzündung für die folgenden Veränderungsprozesse.

Hieran arbeiten wir jetzt nachdrücklich weiter. So haben wir zum Beispiel durch unser erstes Standort-, Abteilungs-, und Hierarchieübergreifendes Führungstraining die Anforderungen, die die Geschäftsführung an alle Führungskräfte hat, durch die Einführung der WEBER Führungskompetenzen klar festgelegt. Alle Führungskräfte werden hierin nach und nach geschult und müssen sich in der täglichen Arbeit an unseren Werten und den Führungskompetenzen messen lassen.

Herr Grolman, gibt es typische Verhaltensmuster von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bei Veränderungsprozessen?

Grolman: Man unterscheidet sieben Grundtypen beim Mitarbeiterverhalten. Da gibt es die Gruppe der „Visionäre und Missionare“. Diese gehen die anstehenden Veränderungen aktiv an und versuchen, die Übrigen vom Erfolg des Wandels zu überzeugen und sie in den Veränderungsprozess einzubinden. Die „aktiven Gläubiger“ sind von der Notwenigkeit und vom Erfolg des Wandels überzeugt und sind bereit, aktiv daran mitzuarbeiten. Die „Opportunisten“ wägen Vor- und Nachteile ab, befürworten gegenüber den Vorgesetzten den Wandel, äußern sich gegenüber den Kolleginnen und Kollegen aber eher skeptisch. Die „Abwartenden und Gleichgültigen“ bilden meist die Mehrheit im Unternehmen. Ihre Bereitschaft, sich aktiv am Wandel zu beteiligen, ist eher gering. Diese Gruppe lässt sich aber zu aktiver Mitarbeit motivieren, wenn der Veränderungsprozess spürbare Erfolge bringt. Die „Untergrundkämpfer“ leisten verdeckten Widerstand gegen die Neuerungen. Oft streuen sie Gerüchte und machen Stimmung gegen den Wandel. Die „offenen Gegner“ üben meist konstruktive Kritik, setzen sich mit den Argumenten auseinander und können den Veränderungsprozess positiv beeinflussen. Die „Emigranten“ wollen den Wandel nicht mittragen und verlassen das Unternehmen.

Herr Kleist, welche Gruppen gibt es bei WEBER-HYDRAULIK?

Kleist: Vermutlich alle. Wir als WEBER-HYDRAULIK sind da sicherlich keine Ausnahme. Es gab in den letzten Jahren viele personelle Veränderungen in unserem Unternehmen. Dies ist teilweise auch deshalb so, weil nicht jeder den Wandel mittragen wollte und sich vielleicht auch in der neuen Organisation nicht mehr so wohl gefühlt hat. Außerdem sind viele neue Kolleginnen und Kollegen dazu gekommen ich bin ja auch so einer (lacht)), die neue Aufgaben im Unternehmen übernommen haben, die es vorher nicht gab und mit denen viele erst einmal nichts anfangen konnten. Das braucht Zeit. Aber grundsätzlich können wir erfreulicherweise sagen, dass viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, auch standortübergreifend, dem Unternehmen weiterhin die Stange halten. Und das ist wichtig.

Viele sind zwar vielleicht zurückhaltend und warten ab, was passiert, andere sind skeptisch oder haben Angst vor dem, was auf sie zukommt. Die große Mehrheit ist aber offen und bereit, die Veränderungen mitzutragen. Sie lassen sich begeistern und sind motiviert, das Unternehmen voranzubringen und sie arbeiten an Projekten aktiv und mit persönlicher Leidenschaft mit. Selbst erarbeitete Erfolge wie z. B. bei KVP-Projekten oder im Rahmen unseres Produktionssystems geben ein gutes Gefühl und motivieren, den Wandel mitzutragen. Vor allem unsere mittlere Führungsebene ist natürlich in einem solchen Prozess sehr gefordert. Dort kommen erst einmal alle Fragen zu Veränderungen an und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwarten zu Recht Antworten. Hier müssen wir in Zukunft sicherlich noch besser kommunizieren und erklären. Wir wollen hier noch besser werden und arbeiten gerade an einem Konzept, Information und Kommunikation im Unternehmen zu stärken. Ich bin mir sicher, dass wir dadurch sehr viel an weiterem Verständnis und noch stärkerer Unterstützung erreichen können.

Herr Grolman, Studien zufolge werden bei rund zwei Drittel von Veränderungsvorhaben die gesetzten Ziele nicht erreicht. Was können Unternehmen tun, um Veränderungsprozesse erfolgreich umzusetzen?

Grolman: Sie müssen sich klare, für alle nachvollziehbare Ziele setzen, die Probleme gründlich analysieren, einen Gesamtansatz erarbeiten, diesen in engem Austausch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern umsetzen und – das ist unabdingbar – die Erfolge sichern.

Dabei werden sechs Phasen durchlaufen. Es beginnt damit, in einem Vorstadium Informationen zu sammeln, quasi den Ist-Zustand zu scannen. In der zweiten Phase werden diese Informationen strukturiert, bewertet, mit Bedeutung versehen und daraus eine gemeinsame, unternehmensübergreifende Vision entwickelt. Die Vision und die daraus entwickelten Strategien müssen dann unternehmensweit kommuniziert werden. Es muss allen klar werden, warum eine Veränderung notwendig ist und was man erreichen will. Je besser dieses Bewusstsein ist, desto größer ist die Chance für einen nachhaltigen Wandel.

Ist allen die Notwendigkeit von Veränderung bewusst, wird es ernst. Das Unternehmen wird mit Projekten überrollt, alles verändert sich. Das ist dann die kritische Phase, in der die meisten Widerstände im Veränderungsprozess auftreten, weil bisherige Grenzen und Verantwortlichkeiten verschoben, Arbeitsabläufe und Arbeitsbereiche verändert, Teams neu aufgeteilt, Abteilungen zusammengelegt oder aufgespaltet oder Arbeiten durch Maschinen ersetzt werden. Hier ist die kreative Anpassung der Organisation und der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gefragt.

Damit sich die Veränderungen festigen, ist es in der letzten Phase von zentraler Bedeutung, die gemachten Erfahrungen zu überdenken. Dabei muss jeder die Chance haben, seine Sichtweise, Kritik oder auch Lob öffentlich auszusprechen. Also zu fragen: Was hat sich geändert? Woran merken wir das? Gab es unerwartete Effekte; was haben wir gewonnen, was verloren und wie können wir das Verlorene vielleicht doch noch bewahren und das Erreichte nachhaltig sichern?

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Herr Kleist, in welcher Phase befindet sich derzeit WEBER-HYDRAULIK?

Kleist: In der Phase, in der es quasi ernst wird, auch wenn wir immer wieder in die Phase der Erklärung der Notwendigkeit der Veränderung gehen müssen. Aber, über uns alle ist jetzt eine Flut an Projekten hereingebrochen. Einige davon haben wir schon sehr erfolgreich umgesetzt. Andere sind erst gestartet und befinden sich in einer Phase, die viel Aufwand auch neben unserer täglichen normalen Arbeit erfordert. Viele weitere stehen aber auch noch in den Startlöchern.

Das Schöne daran: Wir können uns alle schon über Erfolge freuen. Wichtig ist hier aus meiner Sicht die Umsetzung der WEBER Akademie, die erstmals für alle Kolleginnen und Kollegen deutlich macht, wie wichtig Weiterbildung für die Zukunft ist und allen Kolleginnen und Kollegen die Chance gibt, sich für den Wandel fit zu machen. WEBER-HYDRAULIK ist bereit, hier trotz einer eher schwierigen Situation am Markt in die Entwicklung der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu investieren.

Das hilft bei der Bewältigung der neuen Anforderungen und es macht auch noch Spaß, etwas Neues zu entdecken. Insofern sehe ich uns auf einem guten Weg, unser langfristiges Ziel, weltweit eine marktführende Stellung bei hydraulischen Lösungen einzunehmen, zu erreichen.

Jedes auch noch so kleine Projekt hilft, diese Ziele zu erreichen. Mittlerweile herrscht aber ein breites Bewusstsein über die Notwendigkeit der eingeleiteten Veränderungsprozesse. Dennoch muss natürlich jede neue Maßnahme nachvollziehbar sein und muss entsprechend kommuniziert werden. Das versuchen wir, auch wenn die eine oder andere Maßnahme auf den ersten Blick unpopulär ist. Die Befürchtungen und Ängste der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nehmen wir dabei ernst. Wir versuchen, sie anzusprechen und im Einzelfall auch eine individuelle Lösung zu finden. Als werteorientiertes Unternehmen wollen wir unsere Ziele gemeinsam mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erreichen. Bei allem Wandel bleibt das immer eine unverrückbare Konstante.

Herr Grolman, Herr Kleist, vielen Dank für das Gespräch.

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