Inhaltsverzeichnis:
- 1 Abgeschriebenes Geschäft
- 2 Versehentlich selbst aus dem Markt gepreist
- 3 Vom “Average Costing” zur verursachungsgerechten Kostenzuordnung
- 4 Kundensegmentierung oder: Verstehen, wie der Markt tickt
- 5 Den internationalen Vertrieb überzeugen
- 6 Die Group Escalator Conference
- 7 Emotionaler Turnaround mit vielen durchdachten Impulsen
- 8 Die Business-Rationalität liefern …
- 9 … aber darüber hinausgehen
- 10
- 11 Kostenfreies Erstgespräch
Abgeschriebenes Geschäft
Desolate Ausgangssituation
Tatsächlich befand sich das Rolltreppengeschäft zu jener Zeit in einer desolaten Situation: Es war hoch defizitär; man gewann meistens nur Kleinaufträge mit ein oder zwei Rolltreppen, scheiterte aber regelmäßig daran, größere Aufträge zu gewinnen – und zu allem Übel gab es immer wieder Qualitätsprobleme. Das ist eine Mischung, mit der man jedem Vertrieb das Fürchten lehren kann: Viel Aufwand für Angebote, die doch zu nichts führen, immer wieder Ärger mit unzufriedenen Kunden, der negativ auf das viel größere und wichtigere Aufzugsgeschäft abstrahlte, und dann noch das Bewusstsein, sich mit diesen Verlustbringer nur Stress einzuhandeln. Eine Beratungsfirma hatte dem Konzern bereits empfohlen, das Geschäft herunterzufahren und sich mittelfristig ganz daraus zurückzuziehen.
Versehentlich selbst aus dem Markt gepreist
Marktund Kostenanalyse
Meine damaligen Kollegen von der Boston Consulting Group gingen mit einem anderen Ansatz an das Geschäft heran. Ihre Haltung war: Das wollen wir doch mal sehen, ob man in diesem Geschäft wirklich auf keinen grünen Zweig kommen kann. Dazu war es notwendig, sowohl den Markt als auch die Kostenstruktur genau zu verstehen. Als Dreh- und Angelpunkt entpuppte sich dabei die Frage, aus welchen Gründen unser Kunde eigentlich nur Kleinaufträge gewann und alle größeren verlor.
Falsche Kalkulation
Wie die Analysen der Kollegen erbrachten, lag der Hauptgrund dafür in einer falschen Kalkulation: Man bot größere Projekte zwar mit einem deutlichen Rabatt an – beispielsweise war der Stückpreis für vier baugleiche Rolltreppen um rund 30 Prozent günstiger als wenn der Kunde nur eine einzige solche Treppe anfragte. Doch eine genauere Analyse erbrachte, dass dieser Nachlass, obwohl substanziell, trotzdem deutlich geringer war als die tatsächliche Kostenersparnis, die mit der Konstruktion und Fertigung mehrerer gleichartiger Rolltreppen einherging. Deshalb boten die Wettbewerber noch größere Rabatte an. So preiste man sich bei größeren Projekten selbst aus dem Markt.
Einzelprojekte als Verlustbringer
Kleine Projekte gewann man mit dieser Durchschnittskostenkalkulation (“Average Costing”) eher, aber dummerweise vor allem deshalb, weil längst nicht der gesamte Mehraufwand, der tatsächlich mit Einzelstücken verbunden war, in den Angebotspreis einfloss. Bei solchen Projekten war die Firma “zu billig”: An den Aufträgen, die sie hereinholte, verlor sie unter dem Strich Geld, weil sich Einzeltreppen so kostengünstig, wie man sie angeboten hatte, nicht herstellen ließen. Das wiederum führte zu ständigen Sparmaßnahmen beim Material und in der Konstruktion, welche wiederum die wiederkehrenden Qualitätsprobleme bedingten.
Vom “Average Costing” zur verursachungsgerechten Kostenzuordnung
Fatale Durchschnittskosten-Kalkulation
Dieses “Average Costing” ist ein Problem, das man bei Firmen, die auftragsbezogene Sonderfertigungen herstellen, häufiger findet: Die Kalkulation weiß natürlich, dass größere Stückzahlen deutliche Kostenvorteile gegenüber Einzelstücken haben, und berücksichtigt dies bei ihrer Preisgestaltung. Wenn beispielsweise vier baugleiche Rolltreppen angefragt werden, fällt der Konstruktionsaufwand dafür nur einmal an, liegt also nur bei einem Viertel (!) gegenüber einer Einzeltreppe. Auch im Einkauf, der Fertigung und der Montage gibt es Kostenvorteile – beispielsweise muss man den Kran für den Einbau nur einmal bestellen; er ist dann nur ein paar Stunden länger im Einsatz. Aber sie hat diese Vorteile nicht im Detail analysiert, sondern nur geschätzt – und dabei häufig unterschätzt.
Verursachungs-gerechte Kostenzuordnung
Der entscheidende Hebel liegt daher in einer verursachungsgerechten Kostenzuordnung: Die Kalkulatoren müssen sich von jeder einzelnen beteiligten Einheit detailliert erklären lassen, wie sich ihr Arbeits- und Materialaufwand in Abhängigkeit von der Stückzahl verändert, und ihre Kalkulationstabellen entsprechend anpassen.
Kostenvorteile für jeden Posten ermitteln
Beispielsweise müssen sie im Einkauf erfragen, welche Rabatte der von seinen Lieferanten bekommt, wenn er nicht ein oder zwei gleiche Bauteile abnimmt, sondern vier, acht oder zwölf. Wobei es natürlich auch Teile gibt, bei denen die Stückzahl keinen Unterschied macht. Wenn die Rolltreppenstufen zum Beispiel normiert sind und in Großserien gegossen werden, dann macht es nicht so viel aus, ob man 40 oder 160 Stück abnimmt – dann zählt hauptsächlich die jährlich abgenommene Stückzahl.
Bessere Kalkulation – bessere Chancen
Passt man die Kalkulation den realen Kosten verursachungsgerecht an, so hat das zwei große Vorteile: Zum einen ist man dann auch bei größeren Aufträgen wieder im Rennen und hat so die Chance, wieder auf eine vernünftige Auslastung zu kommen. Zum anderen verdient man dann auch an keineren Aufträgen wieder Geld, und es wird nicht mehr jeder Auftrag, den man überhaupt hereinbekommt, zum Verlustgeschäft. Allerdings gewinnt man möglicherweise nicht mehr so viele kleine Projekte, weil man mit seinen Angeboten dann näher beim “Marktpreis” liegt.
Kundensegmentierung oder: Verstehen, wie der Markt tickt
Segmentierung des Marktes
Der zweite große Bereich, den wir Berater uns anschauten, war der Markt. Denn “der Markt” ist meistens nicht so homogen wie er klingt, sondern setzt sich oft aus unterschiedlichen Kundengruppen zusammen, die ganz verschiedene Anforderungen und Erwartungen haben. Und nicht selten kann man den Bedürfnissen mancher Kunden mit dem eigenen Angebot besser gerecht werden als denen anderer Kunden – wenn man sie erst einmal verstanden hat. Deshalb ist es nützlich, den Markt auf der Basis von Interviews mit Kunden zu “segmentieren”, das heißt, Kundengruppen zu identifizieren, deren Bedürfnisse relativ einheitlich sind.
Segment Massentransport
Tatsächlich stellte sich nach einer Reihe von Kundeninterviews heraus, dass es mindestens drei Marktsegmente gab, die ganz unterschiedlich tickten. Da war zum Ersten das Segment Massentransport, zu dem vor allem die öffentlichen Verkehrsmittel zählen: Bei U- und S-Bahnen wie auch der Fernbahn geht es vor allem darum, die Fahrgäste zügig und einigermaßen komfortabel zwischen verschiedenen Verkehrsebenen herauf- und herunterzubefördern.
Robuste Arbeitsgeräte
Wer einmal erlebt hat, welches Chaos eine einzige ausgefallene Rolltreppe in einer U-Bahn anrichten kann und wie wenig schonend diese Anlagen von ihren Passagieren behandelt werden, der ahnt, worauf es hier ankommt: Diese Rolltreppen müssen vor allem robust sein und auch unter schwierigen Bedingungen – Regen, Schnee, Verschmutzung – zuverlässig funktionieren. Trotzdem zählt für diese Kunden vor allem der Preis: Die meisten Verkehrsbetriebe stört es deutlich weniger als ihre Kunden, wenn einmal eine Rolltreppe nicht läuft.
Segment “Kundenbagger”
Ganz anders ist die Situation in dem zweiten Segment, zu dem vor allem allem Kaufhäuser und Einkaufszentren zählen. Hier ist die Beanspruchung nicht so hart, weil diese Rolltreppen ja in geschlossenen Gebäuden arbeiten und auch von den Nutzern pfleglicher behandelt werden. Andererseits ist die Verfügbarkeit hier noch wichtiger, denn wenn hier eine Rolltreppe ausfällt, brechen die Besucherzahlen in den oberen Etagen empfindlich ein. Das heißt, eine ausgefallene Rolltreppe bedeutet einen sofortigen Umsatzverlust – und entsprechend empfindlich reagiert dieses Kundensegment auf Stillstände. Neben dem Preis zählt für die Kunden hier vor allem, wie schnell ausgefallene Rolltreppen wieder in Gang gebracht werden, also die Servicequalität.
Segment Rolltreppe als Designelement
Noch einmal anders tickt ein drittes Segment, in dem die Rolltreppen vor allem aus gestalterischer Perspektive betrachtet werden. Bei Architekten sind gängige Rolltreppen nicht sehr beliebt: Sie haben ihre liebe Not mit diesen plumpen Kästen, die ihnen jedes elegante Design verderben. Entsprechend froh wären sie über Treppen, die sie als Blickfang nutzen können; der Preis spielte dabei eine untergeordnete Rolle. So hatte vor Jahren ein japanischer Anbieter Aufsehen erregt, als er einen “Spiral Escalator” auf den Markt brachte, der statt in einer geraden Linie in einem Kreisbogen nach oben führte.
Ausrichtung auf neue Marktsegmente
Bei unserem Kunden hatte diese halbkreisförmige Rolltreppe wegen der enormen mechanischen Probleme nur Kopfschütteln ausgelöst: So eine Konstruktion konnte auf keinen Fall so zuverlässig und ausfallsicher sein wie eine konventionelle gerade! Stimmt natürlich – aber darauf kam es in diesem Segment auch gar nicht an. Wie sich herausstellte, hatte man dieses hochprofitable Segment, das weniger in Europa als in den USA und vor allem in Asien eine Rolle spielt, bislang kaum wahrgenommen – und dementsprechend auch kein entsprechendes Produkt im Programm. Es wurde daher beschlossen, in Zusammenarbeit mit einem in Asien hochangesehenen Designer rasch einen “Designer Escalator” zu entwickeln.
Den internationalen Vertrieb überzeugen
Das Change Management beginnt jetzt erst
Interessante Geschichte, werden Sie sagen, aber was hat das alles mit Change Management zu tun? Bislang noch gar nichts, wenn man davon absieht, dass es natürlich, wie bei jeder Veränderung, notwendig war, die Mitarbeiter und vor allem die Führungsmannschaft von der neuen strategischen Ausrichtung zu überzeugen. Aber das größere Problem lag woanders, nämlich bei dem internationalen Vertrieb, der das Rolltreppengeschäft hasste und es im Grunde längst abgeschrieben hatte. Wenn es nicht gelingen würde, ihn von der Neuausrichtung zu überzeugen und ihn dafür zu gewinnen, dem ungeliebten Rolltreppengeschäft noch einmal eine Chance zu geben, wäre all die inhaltliche Arbeit für die Katz gewesen.
Nur ein Schuss – mehr als nur Sachargumente
Allen war klar, dass wir dafür nur einen Schuss frei hatten: Der musste sitzen. Klar war auch, dass man internationale Vertriebsmanager nicht allein mit Sachargumenten und Folienschlachten überzeugen würde. Wir mussten uns etwas einfallen lassen, um ihnen die Gewissheit zu vermitteln, dass in dem Rolltreppengeschäft tatsächlich ein frischer Wind wehte – und dass es sich für sie lohnte, neue Zuversicht und Energie in dieses Geschäft zu investieren.
Pilotprojekt in einem Schlüsselmarkt
Und schließlich war klar, dass nichts so überzeugend sein würde wie Erfolge. Deshalb hatten wir schon früh mit engagierter Unterstützung des dortigen Managements ein Pilotprojekt in Großbritannien gestartet, dem wichtigsten Markt für Rolltreppen in Europa. Und dieses Pilotprojekt zeigte erste verheißungsvolle Früchte.
Die Group Escalator Conference
Die Skeptiker positiv überraschen
Aus der Überzeugung, die internationalen Vertriebsmanager nur im direkten persönlichen Kontakt für einen Neuanfang gewinnen zu können, lud unser Kunde für den September 1987 zu der “Group Escalator Conference” nach Wien ein. Und sie kamen gern: Wien ist zu jeder Jahreszeit eine Reise wert, aber im Frühherbst hat es einen ganz besonderen Charme. Aber wie macht man skeptischen Vertriebsmanagern deutlich, dass sich tatsächlich etwas geändert hat? Indem man sie überrascht – und zwar positiv. Da sie aus allen Teilen der Welt eigens eingeflogen wurden, erwarteten sie natürlich ein sorgsam ausgearbeitetes Programm. Das mussten wir bieten – aber mehr als das.
Ein bisschen mehr als die gewohnte Business-Routine
Die erste Überraschung war, dass sie am Flughafen in Empfang genommen wurden. Es war nicht nur ein Transfer ins Hotel organisiert, sondern der Marketing-Manager begrüßte seine angereisten Gäste persönlich am Gate. Nicht weltbewegend, könnte man einwenden, und sicherlich kein sachlicher Grund, mehr als bisher an das Potenzial des Rolltreppengeschäfts zu glauben. Aber eben doch eine kleine positive Überraschung, ein kleines Ausrufezeichen – ein kleines Bisschen mehr als die gewohnte Business-Routine, bei der man ankommt, sich ein Taxi sucht und sich ins Hotel fahren lässt. Ein erstes Indiz, dass vielleicht doch etwas mehr bevorstände als die soundsovielte Business-Konferenz.
Aufmerksamkeit und klare Signale
Mit diesem “Bisschen mehr als Routine” ging es weiter. Im Hotel fanden die angereisten Manager eine umfangreiche Tagungsmappe mit Stadtplan, frankierten Ansichtskarten und einen persönlichen Willkommensbrief vor, gemeinsam unterzeichnet vom Geschäftsführer des Aufzugsgeschäfts sowie dem zuständigen Mitglied des Konzernvorstands. Beim Abendessen hielt der Vorstand eine kurze Ansprache, in der er die Angereisten begrüßte und sie auf das Programm des folgenden Tags einstimmte. Dabei legte er ein dezidiertes Bekenntnis des Konzerns zu dem Rolltreppengeschäft ab: “Wenn wir auf Ausstieg setzen würden, hätten wir Sie nicht eigens nach Wien eingeladen. Wir setzen auf Durchstarten!”
Emotionaler Turnaround mit vielen durchdachten Impulsen
Besichtigungen und Mitsprache
Das Tagungsprogramm sah neben den unvermeidlichen Vorträgen und Präsentationen auch eine Werksbesichtigung vor, die den Teilnehmern zeigen sollte, dass sich die Fabrik inzwischen hell, aufgeräumt und rundum in tadellosem Zustand präsentierte. Am Nachmittag folgte die Besichtigung einer Referenzinstallation samt einem Gespräch mit dem zufriedenen Kunden. Davor waren den Vertriebsmanagern verschiedene Entwürfe für den “Designer Escalator” vorgestellt worden, und sie konnten auf Kärtchen ihr Votum abgeben, welcher Entwurf den designorientierten unter ihren Kunden wohl am besten gefallen würde.
Wahl des besten Designs
Davor waren den Vertriebsmanagern verschiedene Entwürfe für den “Designer Escalator” vorgestellt worden, und sie konnten auf Kärtchen ihr Votum abgeben, welcher Entwurf den designorientierten unter ihren Kunden wohl am besten gefallen würde.
Anschnitt des “Marcipan Escalators”
Der Tag klang – unvermeidlich in Wien – in Grinzing beim Heurigen aus. Dort gab es eine letzte Überraschung: Die Präsentation eines “Marcipan Escalators”, den eine namhafte Wiener Zuckerbäckerei eigens für diese Konferenz kreiert hatte. Sie wurde unter großem Hallo von dem Vorstand angeschnitten – der in offensichtlicher Unkenntnis, wie man eine Marzipan-Rolltreppe korrekt tranchiert, feinsäuberlich das linke Geländer amputierte.
Neuen Spirit und Willen zum Erfolg gespürt
Das Feedback der Teilnehmer war ausgesprochen ermutigend. Die meisten sagten, sie hätten jenseits der ganzen Fakten und Informationen einen neuen Spirit bei den Rolltreppen-Leuten gespürt, einen Willen zum Erfolg, den sie in der Vergangenheit oft vermisst hatten und der ihnen Mut machte, das Rolltreppengeschäft in ihrem eigenen Land mit neuer Energie und Zuversicht anzugehen. Dass das nicht nur höfliche Worte waren, ließ sich in den folgenden Monaten an der Geschäftsentwicklung ablesen.
Wende gelungen
Heute, 30 Jahre später, ist von einem Ausstieg längst keine Rede mehr: Der Konzern zählt zu den größten Spielern im internationalen Rolltreppengeschäft.
Die Business-Rationalität liefern …
Am Anfang steht die richtige Strategie
Was kann man über das Anekdotische hinaus aus dieser Geschichte lernen? Sicherlich nicht, dass ein gutes internes Marketing reicht, um ein dahinsiechendes Geschäftsfeld auf die Erfolgsspur zurückzuführen. Die unverzichtbare Voraussetzung für den Turnaround war, dass in der Sache gute Arbeit geleistet worden war: Die strategische Ausrichtung, von der Marktsegmentierung bis zu der Kostenanalyse und der Neuausrichtung der Kalkulation musste stimmen – anderenfalls hätte die Kommunikation nur falsche Hoffnungen geweckt. Und der Neuanfang wäre verpufft.
… doch sie muss durch gute Kommunikation ergänzt werden
Aber auch umgekehrt wird ein Schuh daraus: Die richtige strategische Ausrichtung, so klug und kompetent sie auch erarbeitet war, hätte alleine nichts gebracht, wenn es nicht gelungen hätte, den überaus skeptischen internationalen Vertrieb von der neuen Ausrichtung – und vor allem auch von der Ernsthaftigkeit und Entschlossenheit der Verantwortlichen – zu überzeugen. Strategie und Change Management sind keine Alternativen, zwischen denen man wählen kann, sie ergänzen sich und sind gleichermaßen unverzichtbar.
Eindrucksvolle Show reicht nicht
Ganz ähnlich verhält es sich mit der Change-Kommunikation: Es reicht nicht, hier eine “teure Show” abzubrennen und ein möglichst eindrucksvolles, spektakuläres Event mit vielen Gags und Knalleffekten zu inszenieren. Deshalb wäre es auch ein fataler Fehler gewesen, diese Aufgabe an eine Eventagentur zu delegieren. Gerade wenn die Zielgruppe obere Führungskräfte sind, muss die Veranstaltung in erster Linie inhaltlich überzeugen.
“Warum soll ich an dieses Geschäft glauben?!”
Diese Leute wollen keine Show, sie wollen schlicht wissen, warum sie an dieses Geschäft glauben sollen: Warum sollen sie in Zukunft mehr Zeit und die Ressourcen ihrer Leute investieren? Wenn sie diese Antwort nicht bekommen, dann hilft auch der ganze übrige Zauber nichts – im Gegenteil: Er wirkt dann schal und vordergründig, als ob man mangelnde Substanz durch eine spektakuläre Inszenierung zu verdecken suchte. So etwas weckt eher Skepsis als Vertrauen.
… aber darüber hinausgehen
Jenseits der Sachargumente, nicht an ihrer Stelle
Mit anderen Worten, entscheidend ist, dass die Inhalte da sind und dass sie Hand und Fuß haben. Deshalb haben Vorträge und Präsentationen bei solchen Veranstaltungen auch ihren berechtigten Platz: Man darf sie keinesfalls weglassen (allenfalls ein wenig straffen) – aber man muss über sie hinausgehen. Wer seine Adressaten nicht nur rational überzeugen, sondern auch emotional erreichen will, muss zusätzlich zu der Rationale (und nicht an ihrer Stelle!) ein Stück Begeisterung wecken. Und dazu muss er, wie es die Amis nennen, “die Extrameile gehen”. Er muss sich etwas einfallen lassen, um die Leute jenseits der rein sachlichen Seite hinaus persönlich zu berühren und zu überzeugen.
Einsatz der knappsten Ressourcen des Top-Managements
Das ist nur begrenzt “inszenierbar”, denn es besteht gerade aus Elementen, die man nicht in ein Drehbuch schreiben oder bei einer Eventagentur kaufen kann. Es erfordert den Einsatz der knappsten Ressource, und das ist im Top-Management nicht Geld, sondern Zeit, Gehirnschmalz und Herzblut. Man spürt einfach, ob sich die Leute wirklich Gedanken gemacht oder ob sie nur eine Agentur beauftragt haben.
Gemeinschaftswerk von Beratern und Management
Das schließt die Zuarbeit von Beratern und Agenturen nicht aus, aber es geht darüber hinaus. Es erfordert, sich mit ihren Vorschlägen und Ideen auseinanderzusetzen und der Veranstaltung seine eigene Prägung zu geben. Deshalb ist das, was ich in dieser Fallstudie präsentiert habe, auch nicht mein Erstlingswerk als (damals) junger Change Manager, sondern das Gemeinschaftswerk von Beratern und Management – nur dadurch bekam es eine Qualität, die über die perfekte Vorbereitung hinausging und welche die Teilnehmer letztlich überzeugte, sich neu auf dieses Geschäftsfeld einzulassen.
Nicht Ursache des heutigen Erfolgs, aber wichtiger Beitrag dazu
Und natürlich behaupte ich auch nicht, dass alleine diese Escalator Conference den Ausschlag dafür gegeben hat, dass das Unternehmen heute eine führende Position im Weltmarkt einnimmt: Dazu haben viele andere Entscheidungen und Aktivitäten beitragen, die in den 30 Jahren seither stattgefunden haben. In aller Unbescheidenheit ist die Aussage allerdings sehr wohl, dass diese Konferenz die Weichen für alles Weitere gestellt hat. Denn wenn der Konzern nach einem Fehlschlag dieses Turnarounds aus dem Rolltreppengeschäft ausgestiegen wäre, dann wäre es auch nicht zu den vielen darauf aufbauenden Entscheidungen gekommen – und er wäre heute auch nicht in der Weltspitze.
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Über den Autor
Winfried Berner ist Autor von zahlreichen Fachbüchern zu den Themen Change-Management, gezieltem Kulturwandel, Post-Merger Integration und anderen Themen der Organisationsentwicklung. Seit 2024 ist sein Unternehmen Teil der initio Organisationsberatung.