Inhaltsverzeichnis:
Prolog im Himmel
Ihr Executive-Team ins Boot holen
Die Investition von ein bis zwei Tagen macht sich spätestens dann bezahlt, wenn Ihr Vorhaben auf eine Durststrecke gerät und erste Widerstände auftreten. Dann macht es einen entscheidenden Unterschied, ob alles an Ihrer Person hängt oder ob Sie auf die Rückendeckung Ihres Management-Teams zählen können. Zugleich hilft solch ein Pre-Kickoff, den Change-Prozess, die Change-Kommunikation und das Zusammenspiel des Top Managements von Anfang an richtig aufs Gleis zu setzen.
Der Vorstand muss Herr des Verfahrens sein und bleiben
Zwei häufige Probleme
Erfahrungsgemäß treten bei Change-Prozessen zwei Probleme besonders häufig auf:- Gerade bei schwierigen Vorhaben konzentriert man sich am Anfang oft zu sehr auf die sachlich-fachliche Seite und vergisst die Kommunikation oder will sie zurückstellen, bis vorzeigbare Ergebnisse vorliegen. Was in der Regel zur Folge hat, dass Gerüchte und Spekulationen ins Kraut schießen, sich Ängste breitmachen und der Widerstand von Mitarbeitern, mittleren Führungskräften und Betriebsrat wächst. Deshalb ist es wichtig, sich von vornherein nicht nur um die Inhalte zu kümmern, sondern auch den sozialen Prozess der Veränderung richtig aufs Gleis zu setzen. Das erfordert ein Stück Vorbereitung.
- Nicht selten gerät die anfängliche Zustimmung des Management-Teams ins Wanken, sobald die ersten größeren Hindernisse auftauchen. Wie sich dann herausstellt, war sie eher als ein “Durchwinken” gemeint denn als ein eigenes Commitment. Es ist aber äußerst unglücklich, wenn Einwände, Bedenken und Zweifel erst dann auf den Tisch kommen, wenn Ihr Vorhaben in rauhes Wasser geraten ist und Sie das geschlossene Mitziehen Ihrer obersten Führungsmannschaft bräuchten. Dann stecken Sie fest und können mit Ihrem Vorhaben weder vor noch zurück.
Lohnende Investition
Damit Sie mit Ihrem Change-Vorhaben nicht alleine dastehen, wenn es darauf ankommt, und nicht durch ein suboptimales Vorgehen unnötige Widerstände und Schwierigkeiten provozieren, ist zumindest bei größeren Projekten dringend eine gemeinsame Vorbereitung im Vorstand bzw. der Geschäftsleitung zu empfehlen. Zwar wird es Ihnen vermutlich nicht leicht fallen, Ihr gesamtes Management-Team für ein oder zwei Tage an einen Tisch zu bringen; die Zeit, die Sie das kostet, ist aber an dieser Stelle sehr viel effektiver eingesetzt als später, wenn Sie sie später zum unpassendsten Zeitpunkt aufbringen müssen, um Feuer zu löschen oder mühsam einen aufgebrochenen Dissens im Management zu kitten.
Herr des Verfahrens sein und bleiben
Dieser “Prolog im Vorstand” ist nicht delegierbar. Denn es geht dabei nicht darum, das operative Change Management zu besprechen oder es gar an den Vorstand zurückzudelegieren – es geht vielmehr darum sicherzustellen, dass Sie als Vorstand Herr des Verfahrens sind und bleiben. Dazu müssen Sie wissen, worauf Sie sich einlassen, wo bei Ihrem Change-Vorhaben sowohl auf der fachlichen Seite als auch vom sozialen Prozess her die kritischen Stellen liegen, und Sie müssen wissen, was Sie mit ruhigem Gewissen an das Projektteam oder an Ihre Change Manager delegieren können und wo Sie selbst in die Bütt müssen.
Den richtigen Teilnehmerkreis wählen
Kriterium Stand Konsensbildung
Eine Überlegung wert ist, was der Teilnehmerkreis dieses Workshops sein sollte. Was die beste Antwort ist, hängt davon ab, welchen Grad der Einigkeit Sie in im Vorstand, der Geschäftsführung bzw. Ihrem Management-Team bereits haben.
Fortgeschritten: Erweiterung um Projektleiter
Wenn die Konsensbildung innerhalb Ihres Gremiums schon fortgeschritten ist und Sie sich einig sind, dieses Vorhaben jetzt anzugehen, dann wird es in Ihrem Workshop hauptsächlich um das optimale Vorgehen und die Change-Architektur gehen. In diesem Fall ist es sinnvoll, dass der oder die designierten Projektleiter daran teilnehmen, und das Gleiche gilt auch für die externen Berater, sofern Sie beabsichtigen, welche einzusetzen. Denn je besser Projektleiter und Berater Ihre Intentionen kennen und die Ihre Diskussionen miterlebt haben, desto besser verstehen sie, worauf es ankommt, und können in Ihrem Sinne handeln.
Engerer Kreis, falls noch nicht ausdiskutiert
Falls Sie in Ihrem obersten Leitungsgremium dagegen noch nicht so intensiv über Ihr Vorhaben gesprochen, mögliche Einwände und Vorbehalte ausdiskutiert und sich auf eine gemeinsame Linie verständigt haben, können Sie wahrscheinlich noch nicht von einem breiten Zielkonsens ausgehen. In diesem Fall dürfte es klüger sein, zuerst eine interne Diskussion in Ihrem Gremium zu führen, eventuell unter Moderation eines erfahrenen Change-Beraters.
Beobachter können auch schädlich sein
Denn bei einer echten Konsensfindung sind Beobachter eher schädlich: Dann sind Sie und Ihre Kollegen nicht mehr frei, alle Einwände, Bedenken und Zweifel offen auf den Tisch zu bringen, und es wird schwieriger, kritische Punkte – die ja häufig auch mit Personen zu tun haben – offen zu benennen, Alternativen zu diskutieren und das Vorhaben möglicherweise sogar ganz fallenzulassen. Wenn Sie in Anwesenheit von Projektleiter und Beratern darüber nachdenken, das Projekt abzusagen, wird das auch dann Irritation und Verunsicherung hinterlassen, auch wenn Sie schließlich zu dem Ergebnis kommen, es doch durchzuführen. Denn dann entsteht bei ihnen unter Umständen der Eindruck, dass Ihre Unterstützung für das Projekt auf tönernen Füßen steht.
Letzte Ausfahrt vor der Grenze
Eine Durchführung im engsten Kreis hat dagegen den Vorteil, dass man das Vorhaben noch aufgeben oder verschieben kann, ohne dass es große Wellen schlägt. Der Vorstandsworkshop ist sozusagen die “letzte Ausfahrt vor der Grenze”, bis zu deren Erreichen man es sich noch einmal anders überlegen kann.
Belastbarere Entscheidung
Das ist weit mehr als eine theoretische Option: Manchmal erkennen Management-Teams erst in einem solchen Workshop, worauf sie sich einlassen würden und welchen Grad an Zeitaufwand es ihnen persönlich abverlangte. Oder es werden nicht behebbare Ressourcenengpässe oder Konflikte mit anderen laufenden oder bevorstehenden Veränderungn sichtbar. Dann kann man jetzt noch ohne Gesichtsverlust und ohne große Irritationen aussteigen. Aber natürlich kann man hier auch im vollen Bewusstsein, worauf man sich einlässt, grünes Licht geben – und dann ist diese Entscheidung wesentlich belastbarer als wenn sie in Unkenntnis ihrer Tragweite getroffen worden wäre.
Sinnvolle Themenschwerpunkte
Umfangreiches Programm
- Das emotionale Klima Ihres Change-Vorhabens (ggf. differenziert nach Teilprojekten und Projektphasen)
- Einbettung Ihres Vorhabens in die vorhandene “Projektlandschaft”, insbesondere mögliche Interessenkonflikte und Reibungspunkte
- In Konzernen / Großunternehmen: Abgleich mit laufenden oder bevorstehenden Initiativen auf Konzernebene
- Stakeholder-Analyse / Kraftfeldanalyse
- Notwendige Kompetenzen und Erfahrungen im Projektteam
- Rollenverteilung Berater / interne Teammitglieder
- Projektplan inkl. Berichtsstrukturen
- Entwicklung einer Change-Strategie
- BR-Strategie
- Eckpunkte für Kommunikation und Führung
- Nächste Schritte
Auf Situation zuschneiden
Nicht jeder dieser Punkte wird in allen Fällen sinnvoll sein; umgekehrt können je nach Konstellation und Art Ihres Vorhabens weitere Punkte hinzukommen. Wenn Sie beispielsweise ein besonders anspruchsvolles Change-Vorhaben wie etwa eine Kulturveränderung oder eine Post-Merger-Integration planen, ist es vielleicht sinnvoll, den Workshop mit einem einführenden Referat eines Experten zu beginnen, statt einfach drauflos zu diskutieren. Trotzdem sollte diese Liste zumindest eine erste Orientierung liefern – und eine Erklärung für den genannten Zeitbedarf von ein bis zwei Tagen.
Außerhalb mit Übernachtung
Um abgeschirmt von Störungen zu sein und auch innerlich etwas Abstand vom Tagesgeschäft zu gewinnen, ist es ratsam, den Workshop irgendwo außerhalb durchzuführen. Falls Sie sich, aus welchen Gründen auch immer, für eine eintägige Durchführung entscheiden, wäre meine Empfehlung, den Workshop erstens trotzdem außerhalb durchzuführen und ihn zweitens am Nachmittag des ersten Tages zu beginnen und am Mittag des zweiten Tages zu beenden. Sowohl der gemeinsame Abend als auch die Nacht dazwischen bewirken in der Regel, dass mehr Tiefe und Intensität erreicht wird als bei einer Durchführung an einem Tag.
Externe Expertise nutzen
Nicht ganz uneigennützig, aber aus voller Überzeugung empfehlen wir, solch einen Workshop durch einen erfahrenen Change-Experten moderieren zu lassen. Das hat für Sie zum einen den Vorteil, dass Sie sich auf die Inhalte konzentrieren können, weil Sie von der Moderation entlastet sind, und zum anderen, dass die externe Change-Expertise zu dem Zeitpunkt in Ihre Projektkonzipierung einfließt, an dem sie Ihnen den größten Nutzen bringt, nämlich ganz am Anfang, wenn die zentralen Weichenstellungen festgelegt werden. Zum dritten lernen Sie dabei auch Ihren Berater besser kennen und können prüfen, ob er für Sie tatsächlich der richtige Begleiter für den vor Ihnen liegenden Weg ist.
Richtig anfangen
Denn bei Change-Projekten ist es wie beim Hemdenknöpfen: Wenn man einmal falsch angefangen hat, kann man noch so sorgfältig und konsequent weitermachen, es kommt nichts Brauchbares mehr dabei heraus.
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Über den Autor
Winfried Berner ist Autor von zahlreichen Fachbüchern zu den Themen Change-Management, gezieltem Kulturwandel, Post-Merger Integration und anderen Themen der Organisationsentwicklung. Seit 2024 ist sein Unternehmen Teil der initio Organisationsberatung.