HomeMethoden & WissenProjektmanagementDokumentation: Ein Protokoll ist meistens nicht die beste Lösung
“Wer führt heute das Protokoll?” – “Immer der, der fragt!” – “Nein, ich habe schon das letzte Mal …” Mit diesem Ritual beginnen viele Meetings. Meist einigt man sich dann auf ein Ergebnisprotokoll, weil das am wenigsten Arbeit ist – und hat damit bereits den ersten schwerwiegenden Fehler gemacht. Denn Ergebnisprotokolle sind eine ausgesprochen defizitäre Dokumentationsform: Sie halten zwar die getroffenen Entscheidungen fest, nicht aber die Gründe dafür. Deshalb taugen sie zwar dazu, später nachlesen, welche Entscheidungen getroffen wurden – sofern sich die Formulierung nicht im Nachhinein als unklar erweist. Doch sind sie unbrauchbar, um Entscheidungen oder Vorschläge zu begründen und für andere nachvollziehbar zu machen. Oder um selbst noch einmal nachzuschauen, weshalb man damals eigentlich diesen Weg gewählt hat.

Ein “Ergebnis-protokoll” hilft wenig

Empfehlungen müssen begründet werden

Projektteams treffen selten abschließende Entscheidungen. In aller Regel berichten sie an einen Lenkungsausschuss oder an ihren Auftraggeber. Und dort würde man sich bedanken, wenn das Team nur sagen könnte: “Wir haben das Thema lange diskutiert und sind am Schluss zu dieser Empfehlung gekommen. Warum, können wir auch nicht mehr so genau erklären!” Außerdem müssen die Ergebnisse meistens in irgend einer Form an die betroffenen Bereiche und ihre Mitarbeiter und Führungskräfte kommuniziert werden. Auch dort hätte man ein Problem, wenn man für die vorgeschlagenen Maßnahmen keine Begründungen liefern könnte.

Mühselige Rekonstruktion der Gründe

Infolgedessen setzt kurz vor der Präsentation oftmals hektische Betriebsamkeit ein. Mühsam versucht man dann, zu rekonstruieren, aus welchen Gründen man damals zu bestimmten Festlegungen gekommen ist – und bekommt nicht selten Zweifel, ob die damaligen Aussagen wirklich ausreichend fundiert waren. Ein Ergebnisprotokoll bietet an dieser entscheidenden Stelle keinerlei Hilfe; also bleibt einem dann nichts anderes übrig, als die Gründe mühselig aus dem Gedächtnis und durch Befragung der Teilnehmer zu rekonstruieren oder sich kurzfristig noch eine Begründung aus den Fingern zu saugen. Als Projekt-Dokumentation sind Ergebnisprotokolle daher ungeeignet.

Verlaufs-protokolle unpraktikabel

Die klassische Alternative zum Ergebnisprotokoll ist das Verlaufsprotokoll, das jeden einzelnen Diskussionsbeitrag wiedergibt, entweder im Wortlaut (Bundestag) oder sinngemäß in Stichworten. Für Projekte und andere geschäftliche Meetings ist das unpraktikabel – es bedeutet einen riesigen Arbeitsaufwand sowohl beim Erstellen als auch beim Lesen, und in der Regel vergammeln solche 10 – 20-seitigen Protokolle ungelesen in den “Stapeln des schlechten Gewissens”.

Auf den späteren Verwendungszweck zugeschnittene Dokumentation

Den späteren Verwendungszweck klären

Wie aber soll man dann dokumentieren? Einfache Antwort: Das hängt entscheidend davon ab, wie das Protokoll später genutzt werden soll – auf diesen späteren Verwendungszweck muss es zugeschnitten sein. Soll man dort nur nachschauen können, welche Entscheidung seinerzeit getroffen wurde, reicht es in der Tat, die Ergebnisse bzw. Entscheidungen zu dokumentieren. Kann oder wird es wichtig sein, die Ergebnisse, Entscheidungen oder Empfehlungen gegenüber Dritten begründen zu können, dann ist es wichtig, in den Protokollen auch die Gründe festzuhalten. Und soll es den Lesern des Protokolls möglich sein, herauszufinden, wer in der Besprechung welche Argumente vorgebracht und welche Position vertreten hat, dann kommt man an einem Verlaufsprotokoll kaum vorbei. Zum Glück braucht man das in der Wirtschaft nur selten, denn das kostet viel Arbeit, während die anderen beiden Arten von Protokollen “nur” Disziplin erfordern.

Zwei Arten von Protokollinhalten

Wenn man gängige Protokolle analysiert, stellt man fest, dass sie im Wesentlichen zwei Arten von Aussagen enthalten: Zum einen inhaltliche Arbeitsergebnisse, zum anderen Informationen, die mit dem weiteren Vorgehen des Projekts und seiner Arbeitsplanung zu tun haben: Verabrechungen zum Vorgehen, Sitzungs-, Urlaubs- und Abwesenheitstermine u.ä. Es empfiehlt sich, diese beiden Arten von Ergebnissen konsequent zu trennen.

Aufgaben und Ergebnisse trennen!

Abb.: Die meisten Protokolle enthalten fast ausschließlich zwei Arten von Inhalten

Qualitätssicherung, weil man beim Dokumentieren zwangsläufig noch mal die Sinnhaftigkeit und Schlüssigkeit der gemachten Aussagen überprüft. Das heißt, Entscheidungen, die eher durch emotionalen als durch rationalen Konsens zustande kamen, also zum Beispiel durch Ungeduld, Erschöpfung oder Gruppendruck, werden noch einmal auf ihre Haltbarkeit und Überzeugungskraft abgeklopft – und zwar, bevor man weitere Schritte darauf aufbaut.

Gemeinsame Dokumentation am Flipchart

Um die Protokollanten zu entlasten und zugleich sicherzustellen, dass tatsächlich das Ergebnis der Diskussion dokumentiert wird und nicht bloß das, was die Protokollschreiber in Erinnerung behalten haben, kann man solche “erweiterten Beschlussprotokolle” auch gemeinsam am Flipchart erstellen. Dazu braucht man eigentlich nur auf das Flipchart schreiben, was der gefasste Beschluss oder die verabschiedete Empfehlung ist, und darunter in Bullets die Gründe, die zu diesem Ergebnis geführt haben. Dabei sollten unbedingt auch Einwände und Gegenargumente als Bullets festgehalten werden, um so festzuhalten, welche Gegengründe diskutiert, aber letztlich für nicht ausschlaggebend erachtet wurden. Ein solches Flipchart ist zugleich für das Projektteam eine Rückversicherung, dass tatsächlich alle das Gleiche verstanden haben und ob alle wesentlichen Argumente in die Dokumentation eingeflossen sind.

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Über den Autor

Winfried Berner ist Autor von zahlreichen Fachbüchern zu den Themen Change-Management, gezieltem Kulturwandel, Post-Merger Integration und anderen Themen der Organisationsentwicklung. Seit 2024 ist sein Unternehmen Teil der initio Organisationsberatung. 

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