HomeMethoden & WissenChange-Management-MethodenMotivations- und Führungsaudit: Die “Lage der Nation” ergründen
In welcher inneren Verfassung ist Ihr Unternehmen? Wie
steht es um Führung, Motivation und Kommunikation? Woran
liegt es, dass das Engagement geringer ist als Sie es sich
wünschen würden, und wo könnten Sie ansetzen,
um es zu verbessern? Und vor allem: Wie finden Sie das alles
heraus? – Das geht einfacher und weniger aufwendig
als Sie vielleicht befürchten: Durch eine Handvoll strukturierter
Tiefeninterviews. Wenn Sie wollen, können Sie deren Befunde
noch durch eine breit angelegte Mitarbeiterbefragung erhärten und mit Zahlen hinterlegen – umstoßen
werden Sie sie kaum noch.

Die innere Verfassung

Motivation und Demotivation

Der Motivations- und Führungsaudit ist immer dann ein geeignetes Instrument, wenn Sie gern mehr Klarheit hätten, was Ihre Mitarbeiter eigentlich motiviert bzw. demotiviert, wie Führung und Zusammenarbeit in Ihrem Unternehmen oder Bereich funktionieren, welche Stärken und Schwächen Ihre Unternehmenskultur hat und was Sie tun können, um Motivation und Output zu verbessern. Er liefert Ihnen Klarheit zu folgenden Themen:

Kleine Stichprobe genügt

Es ist erstaunlich, welch kleine Stichprobe genügt, um ein ziemlich stabiles und treffsicheres Bild von der inneren Verfassung eines Unternehmens zu bekommen: Je nach Unternehmensgröße reichen dafür zwischen 15 – 30 Tiefeninterviews aus, sofern man sich konsequent an interne Meinungsführer hält, sprich an Personen, die im Kollegenkreis gut verdrahtet sind und eine konstruktiv-kritische Einstellung zum Unternehmen mit ausgeprägtem Mut zur eigenen Meinung verbinden.

Meinungsführer sind besonders ergiebig

Die Befragung von Meinungsführern ist deshalb ergiebiger als eine nach der reinen Lehre der Statistik gezogene Zufallsstichprobe, weil sie weniger “Ausfälle” enthält, also weniger Gesprächspartner, die entweder zu ängstlich sind, um überhaupt etwas zu sagen, oder nur der Geschäftsleitung nach dem Mund reden oder isolierte Einzelmeinungen vertreten. Meinungsführer sprechen in der Regel sehr offen, und sie repräsentieren mit ihrer Meinung typischerweise eine größere Zahl von Beschäftigten – was die angenehme Folge hat, dass man mit einem einzigen Gespräch nicht nur die Meinung einer Einzelperson, sondern die einer ganzen Gruppe kennen lernt. Deshalb lohnt es sich auch, in solche Interviews den Betriebsrat und/oder einige von ihm vorgeschlagene Personen einzubeziehen.

Fallbeispiel

Vor einigen Jahren hatten wir den Auftrag, ein Anreizsystem für ein ziemlich depressiv wirkendes Großunternehmen zu entwickeln, das unter den Folgen einer unverdauten Fusion litt. Um die Kultur besser zu verstehen und Ansatzpunkte für wirksame Anreize zu finden, führten wir knapp 20 Interviews durch. Die Ergebnisse standen im krassen Widerspruch zu den Erwartungen des Top-Managements. Sie zeigten, dass es den Mitarbeitern nicht an Motivation fehlte, sondern an Orientierung und an Vertrauen in die Zukunft des Unternehmens. Ein Anreizsystem wäre in dieser Situation eher schädlich als nützlich gewesen. Angesichts der kleinen Stichprobe und der Tragweite der Aussagen präsentierten wir unsere Befunde mit großer Vorsicht und vielen Fragezeichen. Die Reaktionen überraschten uns völlig: Vor allem die mittleren Führungskräfte empfanden unsere Befunde als höchst präzise Beschreibung der aktuellen Situation und reagierten geradezu mit Erleichterung. Viele meinten hinterher: “Endlich ist einmal auf dem Tisch, wie die Lage wirklich ist.”

Indikationen und Kontraindikationen

Typische Fragestellungen

Typische Problemfelder, bei denen ein Motivations- und Führungsaudit Klarheit schaffen kann, sind zum Beispiel:

  • Die Belegschaft zieht bei der Umsetzung der neuen Strategie nicht oder nur sehr schleppend mit;
  • Das Change Management ist ins Stocken geraten; es entwickeln sich Tendenzen zu einer “Gegenreformation”;
  • Reengineering oder andere Veränderungsprojekte bleiben weit hinter den Erwartungen zurück;
  • Das Geschäftsergebnis ist unbefriedigend, weil zuviel Zeit und Energie in Form von Reibungsverlusten verloren geht;
  • Verschiedene Bereiche, “Läger” oder “Festungen” arbeiten eher gegen- als miteinander;
  • Mäßige bis schlechte Leistungen werden toleriert, mit der Folge, dass das Anspruchsniveau insgesamt sinkt;
  • Die Belegschaft ist durch einen zurückliegenden Personalabbau oder andere schlechte Nachrichten verunsichert und demoralisiert.

Nicht mitten in einer Sanierung

Hingegen hat es wenig Sinn, einen Motivations- und Führungs-Audit im Vorfeld einschneidender Maßnahmen (wie Sanierung, Personalabbau, Standortverlagerungen o.ä.) durchzuführen. Denn die bevorstehenden Einschnitte würden alles überlagern, und man würde nur herausfinden, dass sich viele Mitarbeiter über die bevorstehenden Ereignisse große Sorgen machen – worauf man bei scharfem Nachdenken auch ohne Befragung kommen könnte. Auch wenn das Geschäft überdurchschnittlich erfolgreich läuft und die Zusammenarbeit gut und weitgehend reibungsfrei ist, bringt ein Motivations- und Führungsaudit in der Regel keine Erkenntnisse, welche die Kosten und Mühen lohnen.

Dramaturgisches Mittel

Lohnt sich eine Mitarbeiterbefragung, um einen Motivations- und Führungs-Audit zu ergänzen und mit quantitativen Daten zu hinterlegen? Wenn es nur um die Befunde geht, in der Regel nicht. Die Ergebnisse werden trotz des erheblich größeren Aufwands nur genauer, aber nicht fundamental anders. Eine andere Sache ist es, wenn Sie die Mitarbeiterbefragung als dramaturgisches Mittel nutzen wollen, um breite Aufmerksamkeit auf ein bestimmtes Thema zu lenken und ein Startsignal für eine intensive Beschäftigung damit zu setzen: Dafür sind sie hervorragend geeignet, den entgegen landläufiger Meinung sind solche Befragungen weit weniger ein objektives Messinstrument als ein starkes kommunikatives Signal, das die Aufmerksamkeit des gesamten Unternehmens auf das Thema lenkt, das man auf diese Weise ins öffentliche Blickfeld rückt.

Aufklärung der Befunde einer Befragung

Aber auch der umgekehrte Weg ist gangbar: Sie können einen Motivations- und Führungsaudit auch nutzen, um Licht in die Unklarheiten und offenen Fragen zu bringen, die eine groß angelegte Mitarbeiterbefragung möglicherweise gelassen hat. Denn oft zeigt sich erst, wenn die Auswertungen auf dem Tisch liegen, der große Haken solcher (Pseudo-)Quantifizierungen: Dann hat man zwar Zahlen, aber man kann tut sich äußerst schwer, etwas mit ihnen anzufangen: Was soll man beispielsweise daraus ableiten, wenn irgendwelche Fragen im Durchschnitt mit 2,8 oder 3,9 beantwortet wurden? Ist das eine bzw. das andere ein guter Wert? Besteht ein Handlungsbedarf? Welcher genau? Und was bedeuten diese Antworten überhaupt und welche realen Erfahrungen oder Bewertungen stehen dahinter?

Zu diesen und ähnlichen Fragen kann man natürlich ein kollektives Ratespiel veranstalten, an dem sich der Personalbereich, das Top-Management und möglicherweise auch noch der Betriebsrat beteiligen. Und man kann dann gemeinsam “beschließen”, was die Zahlen bedeuten und welche Schlussfolgerungen daraus abzuleiten sind. Aber ein solches Vorgehen ist im Grunde so willkürlich, dass man sich den enormen Aufwand der Befragung auch hätte schenken und gleich ins Ratespiel hätte einsteigen können. Die Alternative ist, einen kleinen Motivations- und Führungsaudit zu den Fragen durchführen zu lassen, die die größten Rätsel aufwerfen. Allerdings nicht entlang der Frage: “Was um Himmelswillen bedeutet die 2,8?”, denn das wissen die Adressaten auch nicht. Stattdessen stelle man ihnen die sehr viel leichter beantwortbare Frage: “Wie verhält es sich mit den aufzuklärenden Themen in der betrieblichen Wirklichkeit?”

Wie geht es nach dem Motivations- und Führungsaudit weiter?

Gemeinsame Kenntnisnahme

Das gemeinsame Feststellen und Zur-Kenntnis-Nehmen des Problems ist bereits ein erster Schritt zur Besserung: Wenn offen und mutig über die erkannten Schwachstellen gesprochen wird, geht davon ein starker Impuls für einen neuen Aufbruch aus, der eine hohe Motivation für konkrete Verbesserungsmaßnahmen weckt. Die dann freilich auch folgen müssen.

Folgemaßnahmen

Welche konkreten Maßnahmen sinnvoll sind, hängt naturgemäß stark davon ab, welchen Befund die Diagnose erbracht hat. Um wirksam zu sein, müssen die Maßnahmen an den Kernproblemen ansetzen – am besten in der Reihenfolge ihrer Priorität. Statt eines starren Maßnahmenkatalogs hier einige Beispiele für gezielte Folgeaktivitäten:

Beispiele

  • Kommunikationskampagne, um Vision, Leitbild und Strategie an die Mitarbeiter aller Ebenen zu vermitteln und ihre engagierte Mitwirkung (Commitment) zu gewinnen;
  • Konkretisierung von Vision, Leitbild und Strategie für alle Geschäftsbereiche und Funktionen;
  • Erarbeiten und Implementieren von Spielregeln für Führung und Zusammenarbeit (im Sinne von Qualitätsstandards) und Aufbau eines entsprechenden Controlling-Systems;
  • Einführung einer Vorgesetztenbeurteilung oder eines 360-Grad-Feedback-Systems;
  • Einführung eines Erfolgsbeteiligungsmodells für Führungskräfte und Mitarbeiter (erst wenn alle anderen Voraussetzungen gegeben sind; siehe Motivation).

Verwandte Themen: Mitarbeiterbefragung

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Über den Autor

Winfried Berner ist Autor von zahlreichen Fachbüchern zu den Themen Change-Management, gezieltem Kulturwandel, Post-Merger Integration und anderen Themen der Organisationsentwicklung. Seit 2024 ist sein Unternehmen Teil der initio Organisationsberatung. 

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