HomeMethoden & WissenKommunikationMeinungsführer: Die Schlüssel zu den Meinungen der Mitarbeiter
In jedem Unternehmen, jedem Bereich und jeder Abteilung gibt
es einige Mitarbeiter, die die “Knotenpunkte im internen
Beziehungsgeflecht” sind: Sie erfahren
mehr als andere, kennen sich in vielen Interna besser
aus und werden häufiger nach Informationen und Tipps gefragt. An sie wenden sich die Mitarbeiter, wenn ihnen das Orga-Handbuch
nicht weiterhilft, mit ihnen diskutieren sie, wie aktuelle
Entwicklungen einzuschätzen sind, und oftmals werden sie auch von
Vorgesetzten angesprochen, um neue Change-Vorhaben anzudiskutieren
und die Reaktion der Mitarbeiter anzutesten.

Interne Schlüsselpersonen

Multiplikatoren

Durch diese zentrale Rolle in den innerbetrieblichen Informationsströmen sind die Meinungsführer nicht nur die ideale Informationsquelle über die Stimmungslage im Unternehmen und die Entschätzung der Lage, die es sich etwa für einen Motivations- und Führungsaudit “anzuzapfen” lohnt, sondern auch höchst wirksame Multiplikatoren – im Positiven wie im Negativen. Wenn es gelingt, die Meinungsführer für ein Change Management-Vorhaben zu gewinnen, wird dies mit großer Wahrscheinlichkeit auf die allgemeine Akzeptanz “durchfärben”. Wenn hingegen die Stimmung bei den Meinungsführern kippt, wird sich deren negative Einschätzung in Windeseile verbreiten. Und dann wird es eng für das Projekt – und unter Umständen auch für das Management.

Merkmale und besondere Kennzeichen von Meinungsführern

Merkmale

Wer sind diese Meinungsführer, und wie findet man sie? Wahrscheinlich – hoffentlich! – kennen Sie sie längst. Meistens sind es Mitarbeiter auf den unteren und mittleren Ebenen der Hierarchie, die in der Regel schon einige Jahre im Unternehmen sind. Oft, aber nicht immer, zählen sie zu den Leistungsträgern; die Achtung, die sie genießen, hat oft auch mit ihrer Kompetenz und ihrem Überblick zu tun. In der Regel entfalten sie jedoch keinen ausgeprägten Karriereehrgeiz. Nicht, dass sie Beförderungen ablehnen würden, aber sie sind nicht bereit, dafür “alles” zu geben – weder in punkto Mehrarbeit noch, was eilfertige Anpassung an die Erwartungen des Managements angeht.

Positionen

Das können ganz unterschiedliche Positionen sein: Die Chefsekretärin sein, die dem Chef auch mal die Meinung sagt, ein Vorarbeiter, der Lagerleiter, eine Sachbearbeiterin im Innendienst – an der formalen Position lässt es sich nicht festmachen, da es hier ja um die informelle Hierarchie geht. in der Regel zählen dazu auch manche Mitglieder des Betriebsrats, doch in den seltensten Fällen alle. (In Großbetrieben werden häufig die Meinungsführer der einzelnen Abteilungen in den Betriebsrat gewählt – falls sie sich aufstellen lassen.)

Gemeinsam-keiten

Meinungsführer sind alles andere als eine homogene Gruppe. Manche sind gewerkschaftlich orientiert, andere konservativ und arbeitgebernah. Manche sind extrovertiert und bekannt wie bunte Hunde, andere sind zurückhaltend und wirken eher im Stillen. Trotzdem gibt es auch Gemeinsamkeiten. Die meisten sind kommunikativ und menschenorientiert – doch dies allein genügt nicht, um Meinungsführer zu werden: Betriebsnudeln und Alleinunterhalter sind auch kommunikativ, aber selten Meinungsführer.

Autonomie und beitragende Grundhaltung

In aller Regel handelt es sich bei Meinungsführern um autonome, selbstbewusste und konstruktive Persönlichkeiten. Wahrscheinlich am wichtigsten sind persönliche Autonomie – im Sinne von “Selbstbestimmung gegenüber Systemzwängen” (Lay) – und eine “beitragende” Grundhaltung, das heißt die Bereitschaft, andere Menschen wie auch die Ziele des Unternehmens zu unterstützen, ohne – wie viele andere und auch so mancher Manager – immer zuerst nach dem eigenen Nutzen zu fragen. Genau wegen dieser Haltung gewinnen sie die Achtung ihrer Umgebung – sowohl die der Kollegen als auch die der Vorgesetzten. Sofern sie letzteren nicht zu “eigenständig” oder zu “anstrengend” sind.

Die Meinungsführer für sich gewinnen

Einbinden

Meinungsführer sind in aller Regel konstruktive Zeitgenossen. Deshalb ist es sehr häufig möglich, ihre Unterstützung für Veränderungsvorhaben zu gewinnen. Allerdings muss man sie mit Gründen überzeugen; das In-Aussicht-Stellen persönlicher Vorteile ist bei autonomen Persönlichkeiten eher kontraproduktiv. Und man muss sich auf kritische Sparringspartner gefasst machen, die bei konzeptionellen Mängeln oder einseitiger Lastenverteilung schonungslos den Finger in die Wunde legen. Trotzdem hat man als Manager wie als Berater viel gewonnen, wenn es einem gelingt, das Vertrauen und die kritische Unterstützung der Meinungsführer zu gewinnen.

Direkte Kommunikation

Das gelingt am besten im direkter Kommunikation – sei es auf Info-Veranstaltungen, Schulungen oder in Vier-Augen-Gesprächen. Gehen Sie dabei davon aus, dass Sie erst einmal eine kritische Prüfung überstehen müssen, bevor sie als kompetent und glaubwürdig akzeptiert werden. Da Meinungsführer keine homogene Gruppe sind, macht es in der Regel wenig Sinn, sie – etwa mit Sonderveranstaltungen für Meinungsführer – als solche anzusprechen. Viele von ihnen würde das eher unangenehm berühren, weil es ihre informelle Sonderrolle hervorhebt und weil dies die Frage aufwirft, welche unausgesprochen Erwartungen damit verbunden sind. Sie ziehen es vor, aus freien Stücken zu allgemeinen Info-Veranstaltungen zu kommen, und scheuen sich nicht, dort klar ihre Meinung zu vertreten.

Gezielte Einbeziehung

Was hingegen sehr wohl möglich ist, ist, einige Meinungsführer bewusst und gezielt in Veränderungsprozesse einzubeziehen, sei es als Mitglieder des Projektteams, beratender Gremien (“Sounding Board”) oder einer “Spurgruppe” im Vorfeld von Großgruppenprozessen. Auch bei Interviews zur Bestandsaufnahme oder Kulturanalyse sind sie meist sehr lohnende Gesprächspartner, weil sie wissen, “wie der Laden wirklich funktioniert”, und in aller Regel auch bereit sind, jemandem, der es wirklich wissen will, bereitwillig Informationen zu geben. Diese Arten der Einbeziehung sind auch sehr empfehlenswert, denn nach meiner Erfahrung lautet die Faustregel: Von einem Meinungsführer erfährt man mindestens doppelt so viel und manchmal noch wesentlich mehr als von einem zufällig ausgewählten Interviewpartner.

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Über den Autor

Winfried Berner ist Autor von zahlreichen Fachbüchern zu den Themen Change-Management, gezieltem Kulturwandel, Post-Merger Integration und anderen Themen der Organisationsentwicklung. Seit 2024 ist sein Unternehmen Teil der initio Organisationsberatung. 

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