Inhaltsverzeichnis:
Der Anfang bestimmt die Richtung
Symptome
Wie etwa in den folgenden Fällen:
Zwangs-beglückung
- Zwangsbeglückung: Die Teammitglieder wurden für ihre Mitarbeit an dem Projekt nicht gewonnen, sondern – ohne gefragt worden zu sein bzw. sogar gegen ihren Willen – benannt bzw. “abkommandiert”. Sie steckten voll innerer Vorbehalte, und die einzige Frage, die sie wirklich interessierte, war, wie sie so schnell wie möglich wieder aus der Sache herauskämen. Die externen Berater wussten davon nichts und wunderten sich nur über die seltsame Stimmung, die bei dem Kickoff-Meeting herrschte.
Diffuse Kommunikation
- Diffuse Kommunikation: Das Projekt wurde zwar in einer Info-Veranstaltung oder Betriebsversammlung angekündigt und offiziell vorgestellt, aber die Veranstaltung geriet so lustlos und diffus, dass sich Beteiligte wie Unbeteiligt hinterher fragten, was die ganze Sache eigentlich soll.
Widersprüchliche Signale
- Widersprüchliche Signale: Bei der Kickoff-Veranstaltung erklärte die Geschäftsleitung, dass das Projekt für sie allerhöchste Priorität habe; alles andere müsse dahinter zurückstehen. Was alle Projektbeteiligten als klares Signal und große Aufwertung ihres Auftrags empfanden. Es stellte sich jedoch schnell heraus, dass damit keineswegs eine Entlastung von anderen Aufgaben gemeint war: Das Tagesgeschäft hatte ebenfalls “allerhöchste Priorität” – und die Teammitglieder das Gefühl, in einer Falle zu sitzen.
Halbherzige Entscheidungen bedingen halbherzige Signale
Verunsicherung und Demotivation
Nach einem solchen Fehlstart stecken die betroffenen Projekte in einer Krise, noch bevor sie überhaupt die Arbeit aufgenommen haben. Projektleiter und Teammitglieder sind verunsichert und verärgert, weil man ihnen einerseits einen Auftrag erteilt, sie aber andererseits in eine Situation gebracht hat, die es ihnen unmöglich macht, diese Aufgabe gut zu erfüllen. Das macht es ihnen schwer, sie mit einem guten Gefühl anzunehmen und sich mit Überzeugung und Engagement an die Arbeit zu machen. Entsprechend wenig Sinn sehen sie in der Sache.
Diagnose: Halbherzigkeit
Wenn in dieser Situation nicht schnell Entscheidendes passiert, kann man ohne Risiko darauf wetten, dass aus einem solchen Projekt nichts werden wird: Es wird gar nicht richtig in Gang kommen, weil die allerwenigsten Teammitglieder einen Grund sehen werden, sich für die Aufgabe zu engagieren. Bei nächster passender Gelegenheit werden sich die meisten mit unaufschiebbaren Aufgaben höchster Bedeutung verabschieden, und das Projekt wird einschlafen.
Keine zufällige Panne
Ein solcher Fehlstart ist kein Zufall, er hat seine Gründe. Man muss sich, um solch ein Projekt noch zu retten, von der naiven Vorstellung lösen, dass solch ein Fehlstart “versehentlich” oder aus Ungeschick passiert, und den Mut haben, das nachlässige oder widersprüchliche Verhalten des Managements als Ausdruck eines tiefer liegenden Problems zu verstehen. Es liegt in der Regel darin, dass das Management nicht voll (bzw. nicht geschlossen) hinter dem Projekt steht, sich aber auch nicht zu einer klaren Entscheidung dagegen durchringen konnte: Halbherziges Handeln als Ausdruck einer halbherzigen Entscheidung.
Einen Fehlstart halbwegs reparieren
Therapie: Klärung
Im Grunde ist solch ein Projektstart eine Katastrophe – so etwas dürfte eigentlich nicht passieren, denn es heißt, engagierte Mitarbeiter für eine Sache zu verheizen, die keinerlei Aussicht auf Erfolg hat, und sie damit nachhaltig zu demotivieren. Aber alles “sollte nicht” und “dürfte nicht” hilft nichts, wenn man vor dem Problem steht. In diesem Fall hilft nur eines, nämlich so rasch wie möglich eine Klärung herbeizuführen – entweder so oder so. Entweder muss das missverständliche Signal überzeugend korrigiert werden – oder konsequent umgesetzt werden: Zwar wird ein Projektabbruch in dieser Phase allgemeines Kopfschütteln auslösen, trotzdem ist er allemal besser als ein “Scheitern auf Raten”.
… und intensive Kommunikation
Falls sich die Geschäftsleitung für eine Fortführung entscheidet, ist ein Projekt-Relaunch angesagt: Dann muss sie schleunigst bei dem Projektteam durch klärende Gespräche und ein eindeutiges (und nachprüfbares!) Bekenntnis zu den Zielen und Ressourcen des Projekts nachträglich für Orientierung und Motivation sorgen. Das wird nicht ganz einfach werden, weil sie hier die Skepsis zerstreuen muss, die sie durch ihr eigenes Verhalten hervorgerufen hat.
Selbst wenn dies gelingt, ist das Problem nicht vollständig gelöst: Die Erinnerung an den Fehlstart und die eigene Enttäuschung oder Verärgerung lässt sich nicht auslöschen. Soziale Systeme haben keine Reset-Taste, mit der man das System neu starten kann, wenn man den Start vermurkst hat. Damit bleiben solche Projekte besonders anfällig für unklare Signale und Vertrauenskrisen. Dies erfordert über den gesamten Projektverlauf hinweg erhöhte Sorgfalt in der Kommunikation.
Prävention ist kostengünstiger als Therapie
Klarheit und Entschiedenheit von Anfang an
In der Theorie ist die Prävention von Fehlstarts sehr einfach. In der Praxis auch – man muss es nur tun.
Erstens Projekte nur dann beginnen, wenn man fest von ihrem Nutzen überzeugt ist – und bereit, den “Preis” in Form von Ressourcen und eigenem Zeiteinsatz zu bezahlen. Zweitens, sie dann auch mit der entsprechenden Sorgfalt vorbereiten und starten. Und drittens beim Start keine Aussagen zu machen, die man nicht einzuhalten entschlossen und in der Lage ist.
Gute Vorbereitung
Natürlich sagt sich das leicht – aber so arg kompliziert ist es auch wieder nicht; es erfordert nur Konsequenz. Wenn man jedoch bedenkt, wie viel Zeit und Anstrengung die Reparatur eines Fehlstarts, wie oben beschrieben, kostet, ist es kein billiger, sondern ein kostensparender Rat, das Projekt durch eine gute Vorbereitung von vornherein richtig aufs Gleis zu setzen. Wenn es diese Zeit nicht wert ist, ist das Projekt wahrscheinlich insgesamt die Mühe nicht wert – oder es findet zumindest zum falschen Zeitpunkt statt.
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Über den Autor
Winfried Berner ist Autor von zahlreichen Fachbüchern zu den Themen Change-Management, gezieltem Kulturwandel, Post-Merger Integration und anderen Themen der Organisationsentwicklung. Seit 2024 ist sein Unternehmen Teil der initio Organisationsberatung.